Kategorie: Gedanken & Meinungen

  • Ursprünglich gepostet im LarperNing hier.

    Die Entwicklung eines Charakters ist keine reine Reaktion auf Ereignisse, die im Spiel passieren. Sie ist auch von etlichen OT-Faktoren abhängig. Darauf hat Toji in einem Beitrag hingewiesen und damit den Vorschlag für die Rubrik „Charakter Spotlight“ gemacht (Klick hier!). Einen Vorschlag, den ich mit diesem Beitrag aufgreife, denn auch bei meinem aktuellen Hauptcharakter Askir von der See waren meine OT-Situation, meine Wünsche, finanziellen Mittel und handwerklichen Möglichkeiten sehr oft entscheidend für den Weg, den der Charakter dann auch im Spiel genommen hat – und sicher noch nehmen wird.

    Eigentlich ist der Charakter aus zwei Gründen entstanden. Zum Einen, weil mein bisheriger Hauptcharakter Mathras von Orktrutz sehr unentspannt war. Ein dorlónischer Reichsritter, der für das Gute kämpfte, Truppen kommandierte, immer die Verantwortung übernahm und irgendwann das Pflichtbewusstsein in Person war. Echt anstrengend auf Dauer. Mathras bot einfach nicht mehr die Entspannung, die ich im Larp suchte. Zum Anderen stand das Geburstags-Larp mit Priesterweihe meiner Frau an, wofür ich auch als Wirt agieren wollte – und ein Reichsritter wäre bei der Übernahme des Jobs wohl in gewisse Erklärungsnöte gekommen.

    Also entstand der Streuner Askir. Moralisch flexibel, gesellig und ungebunden, lebenslustig und dem Gold nicht abgeneigt. Eigentlich ein Tavernencharakter, der den Plot weitgehenst ignoriert. Der sich nicht engagiert und keine Verantwortung übernimmt (Aye, jede:r, der:die Askir aus dem Blauen Lager kennt darf jetzt mal Lachen). An sich war Askir als das ausgelegt, was man als „Tavernencharakter“ bezeichnete. Einfach Spaß haben und entspannen. Daher habe ich ihn auch recht flexibel angelegt (Universeller Charakter nach DragonSys 3rd), so dass er alle Möglichkeiten hatte sich zu entwickeln. Also mal sehen, wohin ihn der Wind trägt.

    Da man einen Charakter erstmal ausprobieren sollte und zu der Zeit das Geld knapp war, startete Askir ganz simpel mit einer günstigen Stoffhose, einem Hemd, einem Schlapphut aus dem Karnevalsbedarf und einem günstig bei Ebay geschossenem Ledermantel (01). Das Konzept ist aufgegangen, ich habe gemerkt, dass man auch ohne heldenhaftem Gebahren Spaß haben kann und daher direkt nach dem Con angefangen die Kleidung zu überarbeiten. Da wir zu dem Zeitpunkt angefangen hatten selber zu nähen war das auch finanziell irgendwie machbar, denn wenn man auf HartzIV ist, sind die Möglichkeiten etwas eingeschränkt. Aber Stoff für eine neue Hose, einen neuen Mantel und einen neuen Schlapphut mit Feder war irgendwie drin (02). Dabei hatte ich mit der Stoffwahl des Mantels echt Glück, denn er ist innerhalb kurzer Zeit schön „gealtert“ (03).

    Seit meiner Kindheit ein Fan von Piratengeschichten erhielt Askir übrigens einen Seefahrerhintergrund, auch wenn dieser in den ersten Jahren nur geringe Relevanz im Spiel hatte. Während ich aber für bisherige Charaktere ganze Romane an Hintergründen geschrieben hatte wollte ich es mir bei auch in dieser Hinsicht Askir einfacher machen. Zumal meiner Erfahrung nach eh Niemand Interesse für den Hintergrund eines Charakters hat und man ihn nur an den Mann oder die Frau bringen kann, wenn man Jemanden eine Kassette ins Ohr drückt. Wie das Leben so spielt dauerte es aber nur zwei Cons, bis Jemand Askir nach seiner Herkunft ausfragte. Natürlich: Wenn man einen total ausgearbeiteten Hintergrund hat, fragt kein Aas, aber kaum hast Du Dir darüber kein Gedanken gemacht … Murphy’s Law, befürchte ich. Spontan habe ich dann (als mittelalter DSA-Spieler) „Havena in Aventurien“ geantwortet. An sich ein Glücksfall, denn es gibt viele aventurische Charaktere, die man so auch im allgemeinen Larp trifft, mit denen man direkt eine gemeinsame Basis hat, was im Spiel zu vielen interessanten Begegnungen führt.

    Wer kennt es nicht? Eine liebe Person hat eine tolle Idee für ein Großcon, fragt ob man mitmachen möchte und man bastelt sich dann irgendwas zusammen, wieso der Charakter jetzt dahin kommt und mitmacht. Genau das führte dazu, dass sich Askir nur wenige Monate nach seinem ersten Auftritt in einem neuen Hospital im Freien Lager beim Conquest of Mythodea wiederfand. Das war übrigens 2008 und wir hatten tolles Spiel und viele besondere Momente. Das schienen auch Andere zu meinen, weshalb dieses Hospital, bei dem ich auch beim CoM 2009 arbeitete, sogar ein Lehen im Nördlichen Siegel erhielt. Selfiran, falls Jemand das kennen sollte. Die Mitgliedschaft in der Hospitalsgruppe (auch außerhalb des CoM) führte dazu, dass Askir an sich sein Geld als Heiler verdienen könnte. Wenn mir das Heilerspiel wirklich Spaß machen würde. Nach einem stressigen CoM 2009 (von dem auch das Bild 04 ist) habe ich festgestellt, dass das nicht der Fall ist und ich diese Fähigkeiten nur noch im äußersten Notfall im Spiel einsetzen werde. Also wenn noch nicht mal ein Metzger oder ähnlich rudimentär geeignete Charaktere anwesend sein sollten.

    BÄMM! Kompletter Kleidungsreset. Weg vom Heiler, zurück zum Streuner im Stil eines Straßenräubers (05). Einfach weil ich OT nicht mehr mit meiner Kleidung zufrieden war. Sie sah nicht aus einem Guß aus. Aber dazu kommt auch, dass sich die finanzielle Situation einfach indessen verbessert hatte. Ich hatte wieder einen Job und konnte mir bessere Stoffe leisten. Dass unsere Nähskills inzwischen auch besser geworden sind, hat natürlich auch geholfen. Da die CoMs für mich mit dem Hospital in Stress ausgeartet waren (vor allem wegen dem Aufbau, dem Schichtdienst im Hospital, etc.), habe ich entschieden was Neues zu probieren. So ging es 2010 auch das erste Mal mit Askir zum Drachenfest, 2011 dann nach Weltenwacht und wieder zum Drachenfest. Wobei meine Motivation nach dem DF 2011 nur gering war wieder zu kommen, denn trotz einige epischer Momente (wie dem Spalier für den Blauen Avatar vor dem Tor) hatte ich das Gefühl, dass die großen Crews Alles unter sich aufgeteilt hatten und man keine Chance hatte ins Spiel zu kommen.

    Ich habe mich dennoch wieder angemeldet, aber Leben ist oft das, was passiert, während man andere Pläne macht. 2012 habe ich fast alle Larps abgesagt, denn im Job war (auch auf Grund von nicht existentiem Zeitmanagement) so viel los, dass ich fast jedes Wochenende im Büro verbrachte. Ich war auch kopfologisch gar nicht mehr in der Lage mich aufs Larp einzulassen, was dann auch im November 2012 in einem Burnout gipfelte. Erst während meines Klinikaufenthaltes habe ich langsam wieder begonnen Lust auf Larp zu verspüren, so dass ich 2013 wieder auf einige Cons ging. Aber alles kleine Cons, bei denen ich die Orga und viele Spieler oft schon seit Jahren kannte. Einfach langsam im „Save Space“ wieder anfangen, umgeben von Freunden. Diesen Einschnitt in meinem OT-Leben hat sich auch in Askirs Entwicklung abgebildet, denn im Laufe des Jahres gründete Askir (aufbauend auf seinen in den letzten Jahren erspielten Besitz und Beziehungen) eine HandelsCompagnie und mit einem dafür erforderlichen Schiff kam langsam auch sein Seefahreraspekt wieder zum tragen.

    Askir – zu dem Zeitpunkt übrigens immer noch ohne Nachnamen – wurde ergo ein Händler, was sich auch in der neuen Kleidung (06) niederschlug. In der Phase, mich aus meinem Loch heraus zu arbeiten, bot mir Askir als Händler einfach auch die Möglichkeit eines entspannten Spiels, was ich damals einfach gebraucht habe. Alltagssorgen hatte ich genug, da musste ich mich nicht im Spiel noch damit abmühen, woher der Charakter jetzt Geld bekommt und solche Dinge. 2014 ging es dann auch wieder zum „Zeit der Legenden“, wo ich den Untergang von Weltenwacht miterleben durfte und grandiose Szenen mit „meinen“ Nebelstädtern hatte, und zum Drachenfest, wo ich eher zufällig einen Diplomatenposten übernahm. Das war auf jeden Fall eine der großen IT-Wendungen im Leben meines Charakters.

    Es war wieder Zeit für eine Änderung in der Kleidung. Ein Grund war, dass sich Askir jetzt stärker mit dem Blauen Lager identifizierte und auch der Seefahrer-Aspekt endlich stärker zum tragen kam und damit Blau als Farbe opportun erschien. Aber besonders für neue Westen gab es vor Allem einen anderen Grund: Ich gehöre zu den Menschen, die der Ansicht sind, dass Temperaturen über 24°C totaler Quatsch sind und echt Niemand braucht. Perfektes Larpwetter sind für mich 21°C, leicht bewölkt, trocken und leichter Wind. Dementsprechend schwitze ich auch ungern und schnell. Unter diesen Umständen waren Westen aus Wolle gerade für Sommerveranstaltungen wie dem Drachenfest nicht die beste Wahl – um es verhalten auszudrücken. Da musste ich unbedingt Abhilfe schaffen. Warum ich dann aber für die blaue Kleidung (07) den Schultermantel wieder aus Wolle gemacht habe erschließt sich mir im Rückblick irgendwie nicht. Seit 2015 gibt es ergo Askir in Blau.

    2016 war irgendwie wieder so ein Jahr des Stillstandes. Nur sehr wenige Cons besucht, mit Askir war ich nur auf dem Drachenfest. Geschuldet war das auch hier wieder einem OT-Grund: meinem zweiten Burnout im Februar des Jahres. Danach hatte ich logischerweise erstmal genug im realen Leben zu tun. Doch 2017 ging es wieder bergauf, was sich auch in der Anzahl der besuchten Larp-Veranstaltungen (elf Cons) als auch meiner Aktivitäten für Askir wiederspiegelte. Schon beim DF2011 habe ich im Blauen Lager Jemanden mit einem Stehkragen gesehen und mir gesagt: Sowas will ich auch. Jetzt war die Zeit gekommen und Askir bekam seine Westen mit Stehkragen (08). Wobei einem natürlich Niemand sagt, dass sich gerade bei hohen Temperaturen zwischen Kragen und Nacken eine eigene Klimazone bildet – so stelle ich mir Death Valley vor. Im Sommer veröffentlichte ich das „Kompendium der Seemannschaft“ und auf dem Drachenfest übernahm ich den Posten des Hochdiplomaten des Blauen Lagers.

    Abseits vom Drachenfest und dem Blauen Lager war Askir jedoch auch bisher ein Tavernencharakter geblieben und war an Plots faktisch nicht beteiligt. Auch wenn ich gerne in der Taverne gemütlich meinen Portwein trinke habe ich gemerkt, dass mir das nicht mehr ausreicht. Dass ich auch auf anderen Cons als dem DF wieder aktiv sein möchte. Mehr Action bitte. Aus diesem OT-Wunsch gab es die nächsten Veränderungen. So ist Askir seit Ende 2017 kein Einzelgänger mehr, sondern hat mit seinem Schiff, der „Kraken“ natürlich jetzt auch eine Crew. Damit sitzt er seit 2018, jetzt endlich auch mit einem Seefahrermantel (09), im Blauen Lager am Captains Table, dessen Sprecher er dann 2019 wurde. Doch diese Transformation ist ein Prozess, der aktuell noch andauert. Auch, weil es sich bei Cons abseits des DF-Hintergrundes bzw. der DF-Blase als schwieriger herausstellt, als ich gedacht habe (und vermutlich einen weiteren Blogbeitrag wert ist). Aber ich habe einfach OT Lust auf neue Dinge und die werde ich, wenn es wieder möglich ist, mit Askir umsetzen.

    Ich bin gespannt, wohin mich mein Weg noch führt – und damit auch welchen Kurs Askir in den nächsten Jahren steuern wird*.

    Während ich diesen Text geschrieben habe ist mir, auch weil ich mal die Entwicklung des Charakters (immer wieder sichtbar an der Veränderung seiner Kleidung) in zeitlichem Bezug zu meinem realen Leben gesetzt habe, aufgefallen, wie stark meine eigenen Lebensverhältnisse und mein Seelenleben doch immer wieder Einfluss auf „mein Larp“ und meinen Charakter genommen haben und ganz sicher weiterhin nehmen werden. Dieses Spotllight ist damit nicht nur rein auf den Charakter gerichtet, sondern auch irgendwie eine Reise in die eigene Vergangenheit. Aye, es hat auch was von einem Seelenstriptease. Interessant und erschreckend zugleich.

    Das Bild in größerer Auflösung findest Du hier: http://www.swashbuckler.style/wp-content/uploads/2018/05/2020-12-30_Askir_Zeitenwandel_2008-2019-scaled.jpg

    Mehr Fotos von Askirs Entwicklung findet sich zudem hier: http://www.swashbuckler.style/die-kraken/der-unvergleichliche-askir/

    *Am nächsten Kleidungs-Update konzeptiere ich ja auch schon: hier.

  • Was zu Fantasy-Larp gehört und wo sich zeitlich und technisch die Grenzen ziehen lassen ist nicht einheitlich geregelt und letztendlich subjektives Empfinden. Die Crew der „Kraken“ nutzt Schwarzpulverwaffen, was für viele, eher am Mittelalterklischee orientierte Spieler und Charaktere schon eine gefühlt zu moderne Technik ist. Mein Faible gilt bekannterweise der (historischen) Seefahrt und ihrem Flair – und dann kommen plötzlich Konzepte angesegelt oder angeflogen, mit denen ich meine Schwierigkeiten habe.

    Dass es leider Seefahrer-Charaktere gibt, die Lee und Luv nicht auseinanderhalten können und glauben, dass ein größeres Schiff jedem kleineren Schiff automatisch an Schnelligkeit und anderen Attributen überlegen ist – geschenkt. Da habe ich mit dem „Kompendium der Seemannschaft“ schon versucht ein IT-Nachschlagewerk zu erschaffen, damit man sich die entsprechenden Grundlagen (orientiert an den historischen Tatsachen) nicht überall zusammen suchen und einfach anlesen kann.

    Aber schon als ich vor fünfzehn Jahren mit meiner ersten Crew, der „Wogentänzerin“ und dann der „Morgenstern“, unterwegs war, erschienen immer wieder Schiffe, die Magier oder Priester an Bord hatten, die Wetter und Wind machen konnten, oder die aus lebendem Holz bestanden und von selber nachwuchsen sowie sich Lecks von selbst schlossen. Das gibt es immer noch, wobei in den letzten Jahren noch Luftschiffe hinzugekommen sind. Uff.

    Erstmal verstehe ich nicht ganz, warum es im Meta-Hintergrund immer das ganz Besondere und Außergewöhnliche sein muss, das mir im Spiel dann zum Beispiel durch Größe, Bewaffnung und besondere Technik einen (vermeintlichen) Vorteil verschafft? Wie die Piratencrew mit dem Linienschiff, die Schaluppe mit 45er-Pfund-Kanonen oder eben fliegende Schiffe. Meta-Hintergründe, besonders wenn sie schön ausgearbeitet sind, stellen eine Grundlage für das Spiel und seine IT-Logik dar – damit das Besondere und Außergewöhnliche dann im Spiel passieren kann.

    Für mein Empfinden entstammen Luftschiffe dem Steampunk-Hintergrund, was aus gutem Grund eine eigenes Larp-Genre ist, und passen nicht ins Fantasy-Larp. Zudem gibt es für mich bei ihnen immer eine gewaltige Lücke in der IT-Logik. Ein klassische Seefahrer wird vielleicht gefragt, warum er an Land unterwegs ist (Landgang, private oder geschäftliche Gründe) – aber er wird aus klar ersichtlichen Gründen nie gefragt, warum er sein Schiff nicht dabei hat. Der Kapitän und die Crew eines Luftschiffes, das ja nicht an Wasser gebunden ist, hat es hinsichtlich IT-Logik und Darstellbarkeit schwerer. Und wenn sie das Schiff in der Nähe haben, dann kann sich sogar die Frage stellen, warum sie in Endschlachten nicht einfach einen Bombenteppich auf die Feinde regnen lassen.

    Wenn wir an Salzbuckler und Piraten, alte Seefahrer in Literatur und Film, an Hornblower und Aubrey denken, dann sind dies in unserer Erinnerung Männer, die ein hartes Leben führen, sich ständig den Elementen des Windes und des Meeres erwehren müssen, schöne Momente unter vollen Segeln und einem klaren Sternenhimmel wechseln sich mit den Härten in einem Sturm oder gar einer Havarie ab. Das ist das Leben, das einen besonderen Menschenschlag erschaffen hat, den wir als Seefahrerspieler ja irgendwie in unserem Spiel darstellen und zum Leben erwecken wollen.

    Aber wenn gerade diese Härte im Kampf gegen die launenhafte See und ihrer Gefahren den Alltag bestimmte – wie passt dazu dann der Bordmagier, der das Wetter bestimmen, die See beruhigen und den Wind rufen kann? Kein Sturm mehr, keine Monsterwellen und keine Flaute – das ist keine Seefahrt, sondern eine Kreuzfahrt.

    Und bei einer Kreuzfahrt kommen keine gestandenen, rauhen Salzbuckler heraus, sondern Schönwettersegler. In der klassischen Seefahrt findet man die Toppgasten, die selbst bei heftigem Wind auf den Fußpferden balancieren und die Sturmsegel anschlagen, während man bei der Kreuzfahrt über das Deck flaniert. Die einen wissen, wie man mit Warpankern und Muskelkraft gegen die Gefahren einer Leeküste ankämpft, während die Kreuzfahrer beim Teekränzchen das schöne Land bewundern.

    Ich weiß nicht, welche Art von Seefahrer ihr bespielen wollt, aber auf der „Kraken“ wird in der Flaute auch mal das Wasser rationiert und die letzte Ratte geschlachtet, die Lenzpumpen werden manchmal Wache um Wache bedient und wenn im Sturm eine Stenge über Bord geht, dann wird sie (auch wenn sich noch Matrosen daran fest klammern) gekappt. Wer den Film „Master & Commander“ gesehen hat weiß, wovon ich rede.

    Für mich gehört zum Spiel eines Salzbucklers, dem damit verbundenen Flair und der Atmosphäre die klassische, großteils historische und damit gefährliche Seefahrt einfach dazu, sind sogar zum Verständnis von Seefahrern und ihrem Lebensstil existentiell.

    Daher habe ich mit den Konzepten von Schönwetterseglern und besonders Luftschiffen im Spiel meine Probleme, weil ich einfach meist nicht weiß, wie ich damit umgehen und IT adäquat darauf reagieren soll. Wie siehst Du das und wie gehst Du damit um?

  • Dieses Hashtag kommt in den letzten Tagen immer häufiger in meiner Timeline vor und ist eine Aufforderung, sich mit dem Thema sexueller Belästigung auseinander zu setzen. Es aus der verschämten Kammer ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren.

    Ein Freund hat das in seinem Beitrag auch aufs Larp bezogen, was mich nachdenklich gemacht hat. Denn Larp unterscheidet sich auch in seiner Körperlichkeit zuweilen stark von dem, was in unserer alltäglichen Gesellschaft als Konsens gilt.

    Es kommt recht häufig vor, dass Larper ohne vorherige Absprache (sondern „im Spiel“) auf dem Schoß eines Anderen/einer Anderen sitzen, anfangen zu kuscheln, sich zu kraulen oder zu massieren. Auch die unter Larpern vorherrschende Begrüßung und Verabschiedung durch Umarmen beider Geschlechter ist ja Nichts, was so in Deutschland üblich ist.

    Vor einigen Jahren setzte sich Jemand hinter mich und begann mich zu kraulen und zu massieren, was mir unangenehm war. Aus falsch verstandener Rücksichtnahme auf das Spiel habe ich es damals geschehen lassen.

    Auch schon etwas her ist, als ich mich mit Umarmung von Jemanden verabschieden wollte und Sie das abblockte und mir „nur“ die Hand gab. Ich war perplex und im ersten Moment fühlte ich mich (dämlicherweise) beleidigt.

    Es ist ein interessantes Phänomen, dass im Larp ein anderer Umgang mit Körperlichkeit vorausgesetzt wird, als im normalen Alltag. Erst wollte ich „als im realen Leben“ schreiben, aber das ist Blödsinn, denn wir haben es immer mit realen Personen zu tun. Mit Menschen, die auf Grund ihrer Erfahrungen und Prägungen unterschiedliche Grenzen haben.

    Gerade weil im Larp scheinbar diese im Vergleich zum außerhalb der Larp-Szene stärkere Körperlichkeit im gegenseitigen Umgang gegeben ist, sind wir als Larper besonders gefordert. Nicht nur mit unserer Empathie, sondern auch mit klaren Worten.

    Einfach Jemanden den Nacken zu kraulen oder ungefragt Jemanden zu massieren ist, wenn man es mal objektiv betrachtet, auch im Larp nicht okay oder akzeptabel. Denn auch im Spiel kann man erst fragen, ob der Andere das möchte, anstatt ihn oder sie in eine unangenehme, sogar als übergriffig empfundene Situation zu zwingen. Eine Situation, die dann der oder die Betroffene zuweilen über sich ergehen lässt, um das Spiel nicht zu stören.

    Etwas, über das wir uns (und da packe ich mir durchaus auch an die eigene Nase) vielleicht öfter bewusst sein sollten …


    Btw.: Wenn ich durch in den Arm nehmen oder so übergriffig geworden sein sollte, dann tut es mir leid. Dass ich es nie in böser Absicht getan habe macht es weder ungeschehen noch besser, aber in dem Fall: Sagt es mir bitte.

  • Wow! Ich freue mich über soviel Feedback auf meinen letzten Blogbeitrag. Sowohl in den Kommentaren auf diesem Blog als auch bei Facebook auf meiner Larp-Seite, (verdammt viele Äußerungen) bei meiner Frau und letztendlich bei mir. Vielen Dank, denn jede Meinung hilft mir weiter. 🙂

    Daher werde ich jetzt schon mal einige Punkte heraus greifen, die mir in der Diskussion aufgefallen sind. Punkte, die ich vielleicht etwas gerade rücken muss, indem ich etwas mehr über den Charakter erläutere – aber auch schon darüber hinaus gehende, weiterführende Gedanken und Ansätze. Schließlich soll für mich ja auch am Ende ein Ergebnis über eine schlüssige und gute Darstellung meines Reichsritters Mathras von Orktrutz bei seinem „Comeback“ außerhalb seines Heimatlandes Dorlónien stehen. Daher freue ich mich auch weiterhin über Deine Meinung, Tipps und Ratschläge.

    Erstmal musste ich feststellen, dass meine Aussage mit dem gemeinsamen Trinken mit den Soldaten schlecht formuliert war und in der Diskussion öfter darauf Bezug genommen wurde, als der Punkt meines Erachtens eigentlich verdient. Gemeint war, dass er sich nicht zu schade ist auch gemeinsam mit den Soldaten am Tisch (bzw. am Lagerfeuer) zu sitzen und zu reden – aber dem Einwand von Gregor, dass er an der besagten Tafel einen besondern Platz haben sollte oder Anderes, was ihn hervor hebt, stimme ich zu. Wobei der Umgang in dieser Runde und damit der Eindruck über die Stellung des Ritters natürlich auch immer ein entsprechendes Zusammenspiel innerhalb der Gruppe bedingt, denn letztendlich macht auch das Gefolge den Ritter.

    Gleichwohl zeigt die Reaktion auf diesen einen, für mich eigentlich eher als nebensächlich bewerteten Satz, dass es ein Bild herauf beschwört, dass offensichtlich nicht so selten ist. Die Larper, die wie gewöhnliche Mietlinge aussehen, sich auch so benehmen und nur kämpfen und saufen – aber einen Ritter darstellen, der als solcher behandelt werden will. Ich kann diesbezüglich Alle beruhigen: So bin ich (und Mathras) nicht, so habe ich den Charakter nie gespielt und habe es auch nicht vor. Da mögen mich die (dorlónischen) Götter vor bewahren.

    Da aber einige Kommentatoren mich nicht mit dem Charakter (und teilweise auch nicht mit anderen Charakteren bzw. OT) kennen und Niemand in meinen Kopf schauen kann ist klar, dass es dann zu Irritationen kommt. Zumal wenn ich nur Dinge aufzähle, was ich an Ritterklischeespiel nicht leisten will, aber Nichts nenne, was mich als Ritter dann auszeichnet. Das ist mir erst beim Kommentar von Nria richtig klar geworden:

    Ich lese im Text nur „Ich möchte diese ritterliche Eigenschaft nicht haben, ich will jene ritterlichen Pflichten nicht erfüllen.“ Begründungen lassen sich für jeden Unfug zusammenzimmern, machen aber ein Charakterkonzept nicht besser. Was genau macht deinen Charakter denn im Spiel (NICHT: Hintergrund!) zum Ritter? Durch welche Spielelemente können deine Mitspieler erkennen, dass du ein Ritter bist und nicht irgendein Soldat?

    Eigentlich habe ich selbst früher – also meine Ausstattung weit unter meinen selbst damaligen Ansprüchen lag – nie Probleme gehabt als Ritter wahrgenommen und behandelt zu werden. Selbst auf Cons wie dem Merseberg 1, auf dem ich extra den Ritter (mit dessen Ausstattung ich nicht zufrieden war) nicht an die große Glocke gehangen habe und trotzdem Kraft Titel innerhalb kürzester Zeit plötzlich Lagerkommandant war. Doch Larp ist in einem ständigen Wandel und einem Prozess der Weiterentwickung und was damals en vogue war muss heute nicht mehr akzeptierter und verbreiteter Standard sein.

    Die im vorherigen Beitrag aufgeführten Beispiele sind dazu gedacht die Differenzen zwischen dem empfundenen Standard und vermeintlichen Konsens auf der einen Seite und dem auf Hintergrund basierenden Verhalten und der Einstellung meines Charakters heraus zu stellen. Es gibt meiner Ansicht nach durchaus einen Unterschied zwischen „diese ritterliche Eigenschaft will ich nicht haben“ und „diese (ritterlichen) Eigenschaften passen nicht zum Hintergrund“. Doch durch die Kommentare ist mir bewusst geworden, dass ich diesen „Mangel“ in der Ritterdarstellung irgendwie anders ausgleichen muss, damit der Ritter weiterhin im Spiel ersichtlich bleibt.

    Oder auch: Warum genau spielst du einen Ritter? Nur, um dich „Ritter“ nennen zu können?

    Eine Frage, die einfach zu beantworten ist: Weil Mathras mein ältester und damit auch ein liebgewonnener Hauptcharakter ist. Und der ist nun mal Ritter (geworden). Nicht von Charaktererstellung an, aber es hat sich Intime so entwickelt und – auch für mich OT überraschend – wurde ich dann zum Ritter geschlagen. Seit damals(TM) – 2004 – hat sich aber viel getan, was den Anspruch an die Darstellung angeht. Sowohl im Larp auch auch bei mir selber. Gleichwohl gibt es aber immer wieder Stimmen (sowohl innerhalb als auch außerhalb von Dorlónien), die sich ein verstärktes Auftauchen von Mathras wünschen würden. Das sind die Gründe, warum ich mir derzeit Gedanken um die Darstellung von Reichsritter Mathras von Orktrutz mache.

    Entsprechend haben doch irgendwie alle einen Schwerpunkt im Idealbild eines Ritters gewählt. So wie ich deinen Beitrag oben lese hast du das mit Mathras gemacht. Das Militärspiel und der Schutz der Schwachen.

    Danke Steffen. So banal die Feststellung war, war es für mich so der erste Fingerzeig um zu definieren, wofür Mathras eigentlich steht. Ein Gedanken, den ich – auch auf Basis von Ulis Worten – weiter verfolgt habt und derzeit weiter verfolge.

    Als früherer Soldat hatte sich Mathras schon vor seiner längeren Pause zu Jemandem entwickelt, der Truppen kommandiert und motiviert sowie in den Kampf führt. Wie auf dem „Zwielicht 1“ im Winter 2014. Der Schutz der Schwachen ist – wie auch der stete Kampf gegen das Zwielicht – eine der Aufgaben, denen er sich verschrieben hat. So trägt er in seiner Mark schließlich auch die Verantwortung für den Schutz seines Volkes bzw. der Siedler in den Wehrdörfern vor den Orken.

    Mathras ist auch schon oft IT als Koordinator tätig gewesen. Schon vor seinem Ritterschlag hat er als Leutnant auf Cons den „Kriegsrat“ einberufen und Aufgaben verteilt. Das liegt sicher auch daran, dass ich ein Fan von kooperativem Spiel bin und die Verantwortung als Ritterspieler für Andere (auch außerhalb der eigenen Gruppe) Spiel zu generieren durchaus anerkenne. Spielergruppen, die sich abschotten und den Plot für sich horten, entsprechen nicht meinem Spielstil. Darüber hinaus kann Mathras auch als Vermittler agieren und als Diplomat Leute zusammen bringen. Er hat als Dorlónier keine große Erfahrung in höfischen Etiketten, aber auf Grund seiner Reisen wird er wohl nicht mehr in jedes Fettnäpfchen rein rennen.

    Ob das reicht, um auch ohne Minnedienst, Tanzbällen, Turnierteilnahmen und formvollendeten höfischen Etiketten einen Ritter darzustellen – das ist die zentrale Frage meiner diesbezüglichen Beiträge. Wobei die Darstellung ja nicht nur das (ritterliche) Benehmen beinhaltet, sondern auch Kleidung und Ausstattung von Charakter und seinem Lager. Was ist ein „Must“, was ein „No-Go“ – und was ist „nice to have“ oder bietet sogar interessante Möglichkeiten mal was außerhalb der gefühlten (!) Norm zu machen? Fragen, die ich gerne weitergebe und mich über Deine Meinung freue …

    2016-10-27_mathras_wandel_1

  • Wenn ich mir die Fotos von Rittern und ihrem Gefolge bei den (gefühlt immer mehr werdenden) Turnier- und Hofhaltungscons anschaue, dann bleibt mir oft der Mund offen stehen. Die Ausstattung, die Kleidung – Wow! So zum Beispiel jetzt ganz aktuell auf den Fotos von einem Con am letzten Wochenende, auf dem auch meine Frau unterwegs war. Fotos, die man hier findet. Fotos von Rittergruppen, die zu einem großen Teil schon pornös sind. Und die gerade deshalb einen Standard und einen Anspruch für die aktuelle Darstellung von Rittern und Adel im Larp postulieren.

    Unabhängig davon, wie man den daraus resultierenden Anspruch an die Darstellung von Adel im Larp selber bewertet, so ist er doch existent und hat durch die in den vergangenen Jahren immer aufwendigere Ausstattung die Latte immer höher gelegt. Das bedeutet auch, dass man sich an diesem Standard messen lassen muss. Dass man daran gemessen wird – ob man das möchte oder nicht. Wer nicht in der Lage oder Willens ist diesem Anspruch und diesem Standard gerecht zu werden und trotzdem einen Adligen spielen möchte, der muss unweigerlich damit rechnen, dass er nicht als Adliger erkannt und angespielt wird. Sicher kann man auch heute noch einen Ritter in Lederhose und Schnürhemd spielen, doch wird man damit leben müssen, sich gar nicht oder nur schwer gegen andere Adelsspieler durchsetzen zu können.

    Man mag es als ungerecht empfinden, doch ich begrüße jede Entwicklung, die den Gesamteindruck des Spielumfeldes verbessert und damit auch die Immersion in die Larp-Welt fördert. Dazu gehört (besonders bei mir als visuellen Menschen) die entsprechende Kulisse, die auch von der Kleidung und der Ausstattung der Charaktere meiner Mitspieler und der NSCs geprägt wird. Dabei ist klar, dass Adlige als besondere Charakter einer doch meist als Lehnswesen organisierten Welt eine besondere Stellung haben, die sich auch in der Darstellung Ausdruck verleihen muss. Das betrifft sowohl die Ausstattung, als auch die besondere Verantwortung gegenüber Mitspielern (im Besonderen der eigenen Gruppe) und die Art der Darstellung.

    Nicht nur bei der Kleidung und Lagerausstattung hat sich der Anspruch meinem Empfinden nach geändert, sondern auch in der rollenspielerischen Darstellung. So sind die ritterlichen Tugenden, das höfische Benehmen, die ehrenhaften Turniere mit Tanzbällen und die Minne in der Ritterdarstellung in den letzten zehn Jahren zunehmend wichtiger geworden. Damit eine Ritterlichkeit, die meiner Einschätzung nach in ihrer Ausgestaltung vornehmlich auf dem Spätmittelalter und seiner Verklärung in der Romantik fußt. Der Ritter als strahlende Heldenfigur und Sinnbild einer ganzen Epoche.

    Als mein Mathras 2004 seinen Ritterschlag erhielt war der Standard – zumindest in meinem Larpumfeld -, was die Darstellung eines Ritters anging, ohne sonderliche Anforderungen. So habe ich ihn, auch auf Grund von finanziellen Engpässen, einige Jahre gespielt. Erst 2007 erhielt er – zum Portfest in Yddland – eine neue Kleidung, was auch die ersten Selbstnähversuche in unserem Haushalt darstellten. Doch schon damals habe ich auf verschiedenen Cons, die auch außerhalb des eigentlichen Larpumfeldes lagen, und im Internet andere Ritter mit ihrem Gefolge gesehen, deren Standard höher als das war, was ich damals realisieren konnte.

    Dass ich Mathras mehrere Jahre nicht mehr gespielt habe, hing auch stark damit zusammen, dass ich nicht in der Lage war (und bin) einen Ritter zu verkörpern, wenn ich mich auf Grund meiner Kleidung und Ausstattung nicht als Ritter fühlen kann. Nie haben mich andere Ritter deswegen geschnitten oder nicht mit mir gespielt, oft haben sich sogar größere Kontingente auf einem Con meinem Befehl unterstellt (nur weil ich Ritter war) – aber meinem eigenen Anspruch an die Darstellung konnte ich nicht mehr genügen. Daher habe ich im Herbst 2008 Mathras eingemottet. Bis er 2013 mit neuer Kleidung seine Auferstehung hatte, wenngleich ich bis auf eine Ausnahme seitdem nur auf dorlónischen Cons war.

    2016-10-26_mathras_wandel_0

    Die ganze Zeit, bis eigentlich vor wenigen Wochen, war die oben beschriebene bzw. angedeutete Darstellung, Kleidung und Ausrüstung der Larp-Ritter bzw. ihr Standard und der damit einhergehende Anspruch das Ziel, das ich erfüllen wollte. Eine Art Idealbild, das ich immer erreichen wollte, aber nie erreicht habe. Dazu zählte auch, dass ich mich nicht nur grob an eine historische Epoche (in meinem Fall das Hochmittelalter) orientierte, sondern bestrebt war diese mit Kleidung und Ausstattung möglichst 1:1 zu übernehmen. Ich fing an über ritterliche Tugenden nachzudenken und habe sogar mal angefangen ein entsprechendes Schriftstück zur Gründung eines entsprechenden Rittersbundes zu schreiben (was man halt so macht, wenn man eine fixe Idee, zuviel Begeisterung und doch irgendwie zuviel Zeit hat).

    Ich glaube, dass man bei meinem Beitrag „Ritter auf Reisen“ schon langsam gemerkt hat, dass ich von diesem Idealbild der Ritterdarstellung gerade abrücke. Schritt für Schritt, aber stetig. In besagtem Beitrag habe ich mich gefragt, ob der Standard von Adelsgruppen bei der Lagerausstattung auch mein Standard sein muss. Ob ich den Aufwand OT treiben möchte (als Burnoutler sollte man sich solche Fragen durchaus auch stellen) und ob er wirklich sein muss. Aber auch, ob er Intime wirklich schlüssig ist und zwingend für eine schöne Spielatmosphäre erforderlich ist – oder diese sogar behindern kann (wie gefühlt beim Chaos 8).

    Indessen hat sich meine Fragestellung zur Lagerausstattung ausgeweitet auf die gesamte Darstellung als Ritter. Auch auf seine Kleidung, seine Ideale und Tugenden. Dabei treibt mich die Frage um, wie weit ich von den oben beschriebenen und zumindest gefühlt postulierten Ansprüchen und Standards der Adligen- bzw. Ritterdarstellung im Larp abweichen kann, ohne im schlimmsten Fall nicht mehr als Ritter wahrgenommen zu werden.

    Der Grund liegt dabei in dem Charakter und seiner Geschichte, aber auch in seiner Herkunft – von Geburt als auch vom Reich Dorlónien. Denn viele Sachen in der Darstellung, die ich oben noch im Bereich des (zumindest gefühlten) Standards genannt habe, passen einfach nicht zur Person als auch nicht zu seinem Hintergrund.

    Er ist nicht von adliger Geburt. Sein Vater war Rüstungsschmied. Er hat als Waldläufer in einem Krieg gekämpft, bevor er auf Reisen ging. Dann war er Söldner, bevor er die Dorlónier traf und Leutnant in der Armee wurde. Auch nach seinem Ritterschlag ist er in vielen Dingen in erster Linie ein Soldat geblieben. Dazu kommt, dass Dorlónien ein raues Land ist, dessen Menschen im ständigen Kampf wider das Zwielicht gar keine Zeit haben sich mit höfischen Etiketten aufzuhalten. Auch die meisten Ritter nicht. Besonders nicht der Ritter, dessen Mark Kriegsgebiet ist.

    Warum sollte Mathras einer Frau Honig um den Mund schmieren, wenn man sie eh nie bekommen kann. Damit fällt der Minnedienst weg. In seiner Mark im ständigen Kampf gegen Orks – warum sollte man dann noch zum „Vergnügen“ mit der Waffe in den Ring steigen, anstatt die freie Zeit zu genießen. Auch wenn er weiß, dass er als Ritter einen besonderen Stand hat, kann er bis tief in die Nacht mit den einfachen Soldaten trinken. Aus Erfahrung vertritt er die Ansicht, dass man Kämpfe durch Siege gewinnt und nicht durch Ehre (Ehre ist eine tolle Sache, aber im Kampf selbst zählt der Sieg). Anders gesagt: Mathras ist ein Ritter, der mit den im Larp oft anzutreffenden ritterlichen Tugenden eigentlich wenig im Sinn hat.

    Sicherlich gibt es Ritter, die den derzeitigen Standards nicht entsprechen. Dazu zählen sicher auch Einige, die diese Standards gar nicht wahrnehmen und/oder denen es egal ist, ob sie (von Dritten als auch von den eigenen Leuten) als Ritter wahr oder ernst genommen werden. Es wird aber sicher auch gute Ausnahmen geben. Und das ist auf dem Weg, den ich gerade in der Überlegung meiner Ritterdarstellung, mein Ziel. Eine gute Ausnahme zu sein.

    Aber es bleibt die Skepsis, was geht und was gar nicht geht. Was ist die Kür und was ist die Pflicht in der Ritterdarstellung? Und dazu würde ich mich über Deine Meinung (gerne hier unter dem Beitrag in den Kommentaren) freuen. 😉


    Weiterführende Links:

  • Ein Ritter geht auf Reisen und packt ein …

    Früher hatte ich ein paar Dorlónier dabei, ein Zelt, meinen Stuhl und Kleidung sowie Ausrüstung. Und damit zog man in fremde Länder, um dort für das Gute zu streiten. Aber geht das heute noch?

    Die Zeiten, in denen man als Ritter noch alleine gereist ist, sind sicher vorbei, aber wie groß muss das mitreisende „Gefolge“ sein? Was für ein Aufwand muss getrieben werden? Reicht bei einem Ritter auf Reisen leichtes Gepäck oder muss es (übertrieben gesagt) ein Zweimastzelt mit herrschaftlicher Tafel auf einem Abenteurer-Zeltcon sein?

    Was denkst Du, was die Minimalausstattung eines Ritters auf einem Abenteurer-Zeltcon sein sollte? Und wie viel „Gefolge“ sollte er mindestens dabei haben?

    Diese Frage habe ich gestern auf meiner Facebookseite gestellt, denn wenn ich wieder öfter Mathras spiele muss ich mir auch Gedanken machen, wie ich seinen Rang als Ritter darstellen möchte. Auch durch meine vielen Besuche im Silbernen Lager auf dem Drachenfest mit seinen großen und eindrucksvollen Rittergruppen habe ich ein Bild vom derzeitigen Standard bekommen. Ich denke da zum Beispiel an die Eichentempler (mit denen meine Frau reist) und die Yddländer.

    Da die Kommentatoren auf Facebook sich recht einig waren versuche ich das Resultat kurz zusammen zu fassen (und korrigiert mich ruhig, wenn ich etwas falsch verstanden habe): Abhängig vom Hintergrund ist ein fahrender Ritter bzw. „Heckenritter“ auch mit geringer Ausstattung und lediglich ein oder zwei Personen Gefolge spielbar (läuft aber Gefahr nicht ernst genommen zu werden), während ein Ritter mit Lehen (und damit Land und mehr Geld) nicht nur ein größeres Gefolge haben sollte, sondern auch mindestens eine Möglichkeit Gäste zu bewirten. Im kleinsten Fall ein Zelt, in dem neben einem Bett auch Tisch und Stühle stehen. Optimalerweise aber eine Tafel mit Sitzgelegenheiten unter Sonnensegel und Pavillion für die eigenen Leute und für Gäste.

    Das ist auch das, an das ich erstmal denke, wenn ich dem heutigen Anspruch an Ritterlager gerecht werden will. Und da ich mit Mathras ja ernst genommen werden möchte, ist das der erste Impuls.

    Aber fangen wir mit dem ersten Punkt an: Einen allein reisenden Ritter würde ich nicht mehr spielen und ich glaube, dass ich das auch seit dem Ritterschlag von Mathras nicht mehr gemacht habe. Je nach Zusammensetzung und Hintergrund reichen mir aber 4-5 Personen (inkl. Ritter), wobei das weniger dienende als unterstützende Gefolgsleute wären. Ein dorlónischer Ritter bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn er sich selber eine neue Flasche Orktrutzer Beerenwein holt – vor allem nicht, wenn er dafür einen fähigen Waffenarm mehr in der Schlacht neben sich weiß.

    Wie die Zusammensetzung und Größe einer Lanze eines zum Krieg gerufenen Ritters im frühen und hohen Mittelalter ausgesehen hat habe ich mal auf eine gute Grafik gesehen (das ich natürlich jetzt gerade nicht finde): Es war der Ritter, ein Knappe, zwei Schützen (Armbrust oder Bogen), zwei Waffenknechte (die zu Fuß stritten) und ein Knecht. Alle waren beritten, während der Knappe das Streitross des Ritters am Zügel hinter sich her führte (damit es im Kampf ausgeruht war trug es weder Reiter noch Gepäck) und der Knecht ein Packpferd zusätzlich dabei hatte. Eine kleine, schlagkräftige Einheit, die auf Effizienz im Krieg und Kampf ausgelegt war.

    Die Dorlónier sind ein hartes und zuweilen derbes Volk aus dem Norden der bekannten Welt, deren Land fast die Hälfte des Jahres von Eis bedeckt ist. Ständig stehen sie im Kampf gegen die Mächte des Zwielichts, besonders in der Rittermark Orktrutz, die abgeschnitten vom Reich von Feinden umgeben ist. Klar, dass man von dort nicht mit einer großen Streitmacht auf eine Reise geht, sondern mit einer kleinen, aber schlagkräftigen Einheit. Berufe wie ein Mundschenk oder Page sind hier nicht so gefragt wie ein Frontsoldat. Nicht nur an der Front und den Burgen an den Grenzen des Reiches, sondern besonders auf Reisen. Da ist ein fähiger Waffenarm mehr wert als ein dienender Höfling.

    Die oben schon beschriebene Grafik hat bei mir die Frage aufkommen lassen, wie realistisch es eigentlich ist, dass auf dem besagten Packpferd für alle Mitglieder der Lanze ein feudales Zelt mit kompletter Möblierung und Tafel mit Stühlen sowie Geschirr (inkl. das Geschirr für Gäste), etc. transportiert wurde. Mit Sicherheit wäre das Pferd vom Büttel angehalten und wegen Überschreitung des zulässigen Zuladegewichts aus dem Verkehr gezogen worden. Wenn es überhaupt so lange durchgehalten hätte. Demnach ist der genannte Standard an Ausstattung für Rittergruppen für eine reisende Kampfeinheit an sich logisch nur erklärbar, wenn sich diese Kampfeinheit mit einem Wagen belastet.

    Sicher hatte man Wechselwäsche dabei (die aber sicher nicht die Reinlichkeit und Sauberkeit, die wir heute haben, aufwies) und ganz sicher seine Kampfausstattung (was auch Rüstungsteile einschließt). Verpflegung und Zeug für ein provisorisches Lager. Wappen und Banner, um sich in einem großen Heerlager und in der Schlacht kenntlich zu machen. Aber viel mehr wird es realistisch betrachtet nicht gewesen sein. In diesem Zusammenhang fiel mir dann auch die Darstellung des Lagers eines kreuzfahrenden und damit kämpfenden Ritters auf Reisen im Film „Königreich der Himmel“ ein:

    2016-08-22_ritter_reise_01

    Man saß auf dem Boden oder auf Baumstämmen und größeren Ästen – was mich an das erste Treffen von Mathras mit seiner Lordschaft erinnerte, als wir auf Baumstämmen um ein Lagerfeuer in Moriat herum saßen. Früher war sicher nicht Alles besser, aber auch nicht Alles schlechter, glaube ich. Ich bin weiterhin ein Fan davon, dass man den Ritter als Ritter erkennt und er nicht aussieht wie ein einfacher Soldat oder gar Heckenpenner – aber er muss nicht immer geschniegelt sein, denn sowohl auf der Reise als auch im Kampf macht man sich halt dreckig und man kann nicht in jedem Dorf halt machen, um sich deshalb neue Kleidung nähen zu lassen.

    Das heutige Standardlager von Rittergruppen, aber auch von den meisten anderen größeren Gruppen, ist meiner Erfahrung und subjektiven Meinung nach indessen auch zu einer Festung geworden, in der man sich zurück zieht und unter sich bleibt. Früher war ein Zeltlager ein Lager aus Zelten und man traf sich an den wenigen Feuerstellen oder in der Taverne (wäre das anders gewesen hätte ich die Dorlónier wohl nie kennen gelernt). Indessen haben viele Gruppen (man wird schließlich größer und die Leute werden älter, wobei sie meist auch mehr Geld haben und sich bessere Ausrüstung leisten können) neben ihren Schlafzelten noch Pavillions, eigene Sitzgelegenheiten und feudale Feuerstellen. Aus einem großen Lager werden so viele kleine Lager.

    Eine Entwicklung, die mir besonders auf dem Chaos 8 (Bericht hier) aufgefallen ist, wo diese „Dekadenz“ dazu geführt hat, dass viele Spieler auf einem Abenteurercon mit Aktion um 11 Uhr noch beim Frühstück saßen. Schließlich muss es sich ja lohnen das ganze Zeug zu transportieren und aufzubauen – außerdem ist das Rührei mit Speck noch nicht fertig. Auch ich esse gerne Rührei mit Speck, aber ich fahre auf Con, um was zu erleben und mit anderen Spielern (auch außerhalb meiner eigenen Gruppe) zu agieren – und dafür finde ich die derzeitige Entwicklung mit den vielen Lagern (am Besten noch mit Fähnchen abgetrennt vom Rest) kontraproduktiv.

    Mein erster Impuls war den Standard, den ich bei vielen Rittergruppen sehe, auch machen zu müssen, um anerkannt und ernst genommen zu werden. Ein Grund, warum ich Mathras jetzt über viele Jahre nicht gespielt habe. Auch, weil ich mich immer gefragt habe, ob sich der finanzielle und logistische Aufwand gegenüber dem Spielspaß wirklich lohnt. In den letzten Tagen habe ich jedoch angefangen über diesen Punkt nochmal nachzudenken, woraus meine oben geäußerten Überlegungen mit dem Hang zur Minimierung resultieren.

    Als Anregung und Grundlage für eine Diskussion. Hier unter dem Beitrag in den Kommentaren oder auf Facebook. Ich freue mich darauf Deine Meinung zu hören.

  • Hut ist ein wichtiger Teil eines Larp-Kostüms. War eine Kopfbedeckung in den vorigen Jahrhunderten, auf denen die Darstellung auch am Fantasy-Bereich letztendlich immer grundlegend basiert, ein normaler und fester Bestandteil der Bekleidung, so sollte dies auch im Liverollenspiel gelten. Ein Grundsatz, den immer mehr Spieler mit ihren Charakteren befolgen, während sie das Blöde-Hut-Credo propagieren.

    Dabei fällt mir aber zusehends auf, dass der Dreispitz einen Trend setzt. Schon immer war er bei Seefahrern, die das goldene Zeitalter der Piraterie zum Vorbild nehmen, und bei Charakteren aus Ländern, die die Epoche des Barock als Hintergrund haben, bevorzugte Kopfbedeckung. Verständlich und richtig, kam der Dreispitz doch um 1690 zum ersten Mal auf und wurde im 18. Jahrhundert zum bestimmenden Hut der aktuellen Mode. Im Bürgertum wurde er noch bis in das 19. Jahrhundert hinein getragen. [Q]

    Vermehrt jedoch finden sich in letzter Zeit Charaktere, die einen eher mittelalterlichen oder an die Optik von „Herr der Ringe“ angelehnten Hintergrund und Kleidungsstil haben und einen Dreispitz auf dem Kopf tragen. Sicher besser als gar nicht behütet, doch es gibt auch in den Epochen vor dem Auftauchen des Dreispitzes eine große Auswahl schöner Kopfbedeckungen. Warum also muss es ein Dreispitz sein?

    Richtig geschockt überrascht war ich jedoch, als ich dieses Jahr selbst auf Mittelaltermärkten den Trend ausmachen konnte. Man sollte meinen bzw. ist gewohnt, dass es zumindest auf den Anspruchsvolleren der Mittelaltermärkte die Händler und vor allem die Darsteller (aus dem Bereich Reenactment stammend) eine relativ genaue Orientierung an das Mittelalter haben. Da die besagten Veranstaltungen sich auch explizit nur auf das Mittelalter beziehen ist ein Dreispitz eindeutig fehl am Platz.

    Jetzt hoffe ich nur, dass sich dieser Trend nicht weiter fortsetzt und man wieder zu den Hutformen zurück kehrt, die zum Rest der Kleidung bzw. des Kostüms passen, denn „Anything goes“ im Larp hin oder her – mich stört es.

  • Ich bin zurück. Zurück in der Realität. Den Großcon-Jetlag habe ich auch überwunden. Leider. Die Zeit in den Drachenlanden war viel zu kurz. Und ich kann nur sagen: Meine Entscheidung dieses Jahr das Drachenfest statt dem CoM zu besuchen war absolut richtig (Begründung hier). Aber da ich mich nicht wiederholen will: Meine Review findet man hier.

    Es gibt aber auch ein paar Dinge, die keinen Eingang in meine Review gefunden haben, da ich mit stärkerer zeitlicher Distanz dazu was schreiben wollte.

    Knüppeltag
    Viele (einige?) Larper scheinen der Ansicht zu sein, dass ein Charakter auch eine Kopfbedeckung braucht. Auch ich finde einen Hut ganz groß und oute mich als Anhänger des „Blöden-Hut-Credos“. Aber dann einen „Knüppel-Tag“ auszurufen und mit einem Mob durch die Stadt zu ziehen, um jeden Unbehüteten mit dem (Polster-)Knüppel auf den Kopf zu hauen, finde ich idiotisch. Weil das augenscheinlich dem Gedanken entspringt, dass die Leute, die keinen Hut tragen, damit erzogen werden einen zu tragen – oder entsprechend bestraft werden. Unter eigentlich erwachsenen Menschen (auch bzw. trotz unseres seltsamen Hobbies) meines Erachtens ein Unding.

    Steampunk
    Mich fasziniert das Genre, ich finde die Ausstattung toll, mir gefällt die Kleidung – aber verdammt noch mal nicht auf einem Fantasycon. Ja, wir spielen Fantasy (die angebliche Entschuldigung für alle Entgleisungen). Ja, jeder soll spielen, woran er Spaß hat (so lange er nicht andere zwingt auf seine Weise Spaß zu haben). Ja, jeder interpretiert unsere Fantasywelt anders und setzt auch unterschiedliche Grenzen. Aber wo es ein eigenes Genre mit eigenen Cons gibt, hört für mich einfach die Kompatibilität mit Fantasy auf. Natürlich ist das subjektiv, aber mich stören einfach Mediziner aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert mit entsprechend aufgeklärtem Weltbild (Götter und Magie sind Unsinn, etc.) und Aktenkoffern. Und die Ausstattung und das Kostüm auf dem Foto vom CoM ist beispielsweise toll, aber gehört m.E. einfach nicht auf ein Fantasy-Con.

    Hexenjäger und andere Hypes (was sicher falsch geschrieben ist)
    Wenn man so die Fotos vom CoM betrachtet, wie dieses hier, dann stellt man fest, dass der Boom an Hexen-/Dämonen-/Geisterjägern, auf den ich schon mal hier hingewiesen habe, ungehindert anhält (auch wenn die Kostüme zugegebenermaßen toll aussehen). Und wenn ich so in meinem Umkreis höre, wo weitere solche Charaktere am entstehen sind, dann wird der Boom auch weiter anhalten. Dabei scheinen Warhammer und die literarische Figur van Helsings die Grundlagen aller diesbezüglichen Charaktere zu sein. Irgendwie scheint das der Parallelhype zu sein zu den Landsknechten, die sich in den vergangenen Jahren auch so stark vermehrt haben, dass sie auf dem Drachenfest (Kurzform: DF, damit ich es nicht ständig ausschreiben muss) sogar schon ein eigenes Lager hatten. Wobei man ehrlich sagen muss: Ein schön anzusehener Hype.

    Ich bin ja nur froh, dass es nach dem Film „300“ keinen Hype gegeben hat und wir von ganzen Phalanxen knapp bekleideter Spartianer verschont geblieben sind. Mehrheitlich wäre der Wunsch wahrscheinlich Vater des Gedanken gewesen was die dafür erforderliche Körperästhetik angeht. Wobei ich es schon etwas seltsam finde, wenn man einen Barbaren spielt, der faktisch nur eine Leder-Badehose anhat – auch wenn der durchtrainierte Körper durchaus gepasst hat. Auch wenn ich mich immer frage, ob man die Rolle nicht nur spielt, weil man seinen Körper zeigen will: Jedem wie er möchte.

    Tänzerinnen
    Zumal sich natürlich die Frage stellt, ob nicht viele Frauen auch nur Tänzerinnen spielen, weil sie wollen, dass die Männer sie mit Gier in den Augen und Sabber im Mundwinkel betrachten. Ich habe Nichts dagegen und schaue mir natürlich gerne hübsche Tänzerinnen an. Achtung! Ich betone „hübsche Tänzerinnen“. Das beinhaltet, dass sie hübsch sind, was nicht zwingend dürr oder dem uns von den Medien aufgedrängten Schönheitsideal entsprechend bedeuten muss. Aber wenn die Speckrollen beim bauchfreien Tanzgewand mehrfach vorhanden sind hat das mit dem Ästhetikempfinden der breiten Masse sicher nur noch wenig zu tun. Haben diese Leute, die so fast nur Hohn und Spott ernten, keine ehrlichen Freunde und/oder keinen Spiegel? „Hübsche Tänzerin“ bedeutet aber auch, dass die Person sich zur Musik bewegen kann und auch ihre Kleidung nicht einfach eine schwarze Jogginghose und ein weißes Top ist – wir sind schließlich immer noch auf einem Con, bei dem (anders wie bei P&P) auch die optische Darstellung gefragt ist. Musste ich mal los werden, denn auf dem DF gab es ein entsprechendes Beispiel.

    Kostüme
    Ja, das ist das Gleiche wie „Gewandung“. Finde den Begriff nur irgendwie passender. Gab es auf dem Drachenfest viele. Logisch. Es gab richtig gute Kostüme, es gab aber auch schlechte Kostüme. Finde ich toll, denn wenn alle nur Kostüme hätten, bei denen ich neidisch wäre, müsste ich mich vielleicht für mein Kostüm schämen. Aber da es ja Leute gibt, die sich wenig Mühe mit ihrem Kostüm machen muss ich mich nicht schämen, kann sogar stolz sein und habe nebenbei noch Leute, auf die ich hinab schauen und über die ich lästern kann. Ist nicht nett, macht aber zuweilen Spaß (also mir, nicht den Betroffenen, die es aber normalerweise nicht mitbekommen) und ich halte es zudem für menschlich. Was mich aber gewundert hat: Viele Leute laufen noch mit den Polsterwaffen hinter dem Gürtel rum. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen, da es ja Waffenholster für den Gürtel indessen erschwinglich an jeder Ecke zu kaufen gibt (zumindest sind sie weitaus günstiger als die Polsterwaffe selbst). Und verdammt, das ist doch echt unbequem!

    Orks
    Wow. Die Orks machen schon was her, wenn sie alleine oder gemeinsam unterwegs sind. Da bekommt man schon Angst und macht um sie einen weiten Bogen. Seit dem Film „Herr der Ringe“ hat sich die Orkszene gewandelt, wenn ich an die frühere Darstellung denke. Es macht einen tollen Eindruck. Einen etwas anderen Blick erhält man jedoch, wenn man mit Leuten spielt, die schon lange vor dem Film Orks gespielt haben. Zu einer Zeit, als ein Ork noch anders ausgesehen hat (also keine Maskenteile, nur Schminke, etc.) – wie hier. Also als ein Ork noch nicht zwingend ein „Mordor-Ork“, also ein Ork im Stil vom HdR-Film sein musste. Das scheint aber indessen so zu sein, weshalb viele altgediente Orkspieler nicht als Ork zu einem Großcon fahren. Weil sie ohne ein „Mordor-Ork“ zu sein gar nicht ernst genommen werden und ein Ork 2. Klasse (wenn überhaupt) wären. Schade, denn ich kenne auch richtig gute Orkspieler, die nicht im Stil von HdR rumlaufen …

    Das waren noch ein paar Punkte und ein paar Gedanken von mir, die ich so nicht in meiner Review schreiben wollte (diese und dieser Text hier sind ja auch so lang genug). Ich persönlich hatte zumindest auf dem Con verdammt viel Spaß und es steht schon fest, dass es nicht mein letzter Besuch in den Drachenlanden gewesen sein wird. Dazu aber sicher irgendwann mehr und detaillierter.

  • Kennst Du auch diese Menschen, die auf jeder noch so irrelevanten Regel rumkauen und jeden Verstoß anprangern, als ging es dabei um ihr Leben? Für die ein Regelverstoß eigentlich mit einer Todesstrafe oder zumindest lebenslanger Ächtung und Bann bestraft werden müssten? Leute, die scheinbar die Ansicht vertreten, dass unreglementierte Freiheiten des Individuums nur zu einem Untergang der Zivilisation führen können und Vertrauen in den gesunden Menschenverstand ja ganz nett ist, aber nur Gesetze und Regeln absolute Gewissheit bieten, dass es so läuft, wie es laufen soll? Die der unverrückbaren Ansicht sind, dass ihre Standards die einzige seeligmachende Art und Weise auf richtige und sinnvolle Weise zu leben darstellen und unbedingt auch für alle anderen Leute zu gelten haben?

    Anders gesagt: Mir (und Dir) kann man nicht vertrauen selber eine gute und richtige Entscheidung zu treffen. Daher ist es zwingend erforderlich, dass man bevormundet und sich immer und überall an von irgendjemand aufgestellte Regeln zu halten hat.

    Oh, natürlich gibt es Regeln, die das menschliche Zusammenleben organisieren müssen, weil wir sonst als Gesellschaft nicht funktionieren können. Es gibt über viele Dinge einen gemeinsamen Konsens, welche Regeln einfach zwingend erforderlich sind, wie z.B. „Du sollst Niemanden töten“. Aber gerade in Deutschland scheint es oft, dass man einfach alles regeln muss. Im Endeffekt bleibt uns nur noch wenig Freiraum für Kreativität, denn alles ist normiert und festgelegt. Meist sogar über unsere Köpfe hinweg.

    Und wenn dann diese Regelfetischisten mal anfangen sind sie ja auch kaum zu bremsen, oder !? Als wäre es nicht schlimm genug, dass unser Leben in den Bereichen Staatswesen, Arbeit und Finanzen schon mit tausenden von Regeln gepflastert wäre gilt es dann ja auch noch die vielleicht noch nicht bis in den letzten und kleinsten Winkel unseres Daseins mit Regeln ausgefüllten Bereiche unseres Lebens mit eben jenen zu füllen: Unsere Freizeit und unsere Hobbies. Und damit beziehe ich mich hier (wen wundert es?) auf das Liverollenspiel bzw. Larp.

    Ich sehe Regelwerke als Richtlinien und nicht als festgeschriebene Gesetze, an der man sich auf Strafe im genauen Wortlaut des Wortes zu halten hat. Sie geben mir eine grobe Anleitung für ein Spiel, das aber erst durch die Kreativität des einzelnen Spielers wirklich Leben erhält. Mir ist dabei schönes Rollenspiel und eine tolle Show wichtiger als das sture Nacheifern vorgekauter Anleitungen.

    Wenn ich mir im Zuge meiner Rezension zum neuen DragonSys-Regelwerk 3rd Edition (hier und hier) einige Diskussionen im Netz durchlese und ich mich dabei noch an eine Diskussion in einem Larp-Forum vor einigen Monaten erinnere, dann muss man feststellen, dass es im Larp Leute zu geben scheint, die der Ansicht sind, dass gutes Rollenspiel nur auf Grundlage von starren Regeln erfolgen kann und dass das Rollenspiel besser wird je mehr Sachen festgeschrieben sind. Und wehe man weicht auch nur einen Hauch von diesen Regeln ab, denn das Argument, dass es doch toll ausgespielt war ist hinfällig. Schließlich definiert sich gutes Rollenspiel nur durch strikte Einhaltung der Regeln.

    Ohne dass man für den Zauber „Versteinern“ eine echte Fossilie nutzt und zerstört (Wer auf die Idee kam hat auch ein gestörtes Verhältnis zu Zeugnissen der Erdgeschichte, oder !?) und die vorgegebenen Wörter nach „Liber Magica“ aufsagt wird man nach diesen Leuten kein Ergebnis erzielen. Auch wenn der weitaus längere Zauberspruch viel besser ist und auch die Komponente gut aussieht. Aber der Spruch kann nicht schöner klingen und die Komponente besser zum Charakter und der Situation passen – wenn es im Regelwerk anders vorgesehen ist, kann und darf es kein besseres und stimmungsvolleres Rollenspiel sein.

    Ich könnte das jetzt noch länger ausführen, denn es gibt genug Beispiele für den Klang der Marschmusik der Regelfetischisten und Du weißt sicher, was ich meine und worauf ich hinaus will. Zum Einen die Feststellung, dass mein Larp nicht das Larp von anderen Leuten sein muss. Ebenso wenig muss das Larp der Regelfetischisten mein Larp sein. Und darüber bin ich echt froh. Aber ich könnte kotzen, wenn ich während des Spiels von Regelfetischisten belästigt werde und sie mein Spiel stören. Ich will nicht während des Spiels, während einer laufenden Aktion belehrt und erst recht nicht bevormundet werden.

    Ich will meinen Mitspielern nicht über Regeln diskutieren. Ich möchte mit ihnen interagieren und mich von gutem Rollenspiel überraschen und fesseln lassen.

  • Stand in der 2nd Edition von DragonSys noch ganz klar und unmissverständlich

    Das Erlernen einer neuen Fähigkeit muss im Rollenspiel dargestellt werden und kann daher nur während der Spielzeit stattfinden.

    findet man in der 3rd Edition jetzt zum selben Thema folgende Formulierung:

    Der Spieler erhält eine gewünschte Fertigkeit für seinen Charakter automatisch, sobald er genügend Erfahrungspunkte investiert. Allerdings spricht nichts dagegen, das Erlernen einer neuen Fertigkeit auch im Spiel darzustellen.

    Neben den nicht mehr erforderlichen Punkten für das Spiel eines Adligen, auf den ich schon im Teil 1 meiner Rezension eingegangen bin, steht die 3rd Edition des Larp-Regelwerks DragonSys vor allem wegen der oben zitierten Änderung und damit dem Wegfall des Lernzwangs in der Kritik, z.B. hier und hier. Da dieser Punkt in den Besprechungen so viel Beachtung findet und ich eine andere Meinung als die meisten Kritiker zu vertreten scheine widme ich ihm einen eigenen Teil in der Rezension.

    Es war Intention der Verfasser der 3rd Edition das Regelwerk DragonSys Classic bzw. 2nd der im Laufe der Zeit veränderten Spielrealität anzupassen – und das hat es mit der oben zitierten Änderung auch gemacht. Ein Lernzwang würde an der Realität nichts ändern. Und ich kann an dieser Realität nichts Verwerfliches, Verdammenswertes und Schlimmes finden, weshalb ich auch die Formulierung im neuen DragonSys-Regelwerk im Sinne der Anpassung nur konsequent und richtig finde.

    Wenn man sich über einen Lernzwang unterhält muss man dabei aber auch darüber sprechen, dass nur die wenigsten Charaktere einen Lehrmeister haben. Nur bei den Magiern ist das Lehrmeistersystem noch recht häufig anzutreffen. Doch nicht für jeden Charakter ist es stimmig sich einen Meister zu suchen und sollte man dann nicht ein konsequentes Charakterspiel über einen Lernzwang stellen? Und haben Charaktere nicht auch ein Leben zwischen den Liverollenspielveranstaltungen? Gerade Charaktere, die z.B. als Soldaten einem Land dienen,oder als Priester einem Orden angehören, werden in dieser Zeit in ihren Garnisonen bzw. ihrem Kloster ausgebildet, so dass neue Fähigkeiten Intime erklärbar sind. Noch stärker tritt das Problem bei den Klerikern auf, welche die höchsten bespielten Vertreter ihres Glaubens darstellen. Bei wem sollen sie lernen?

    Abgesehen davon, ob das Lernen auf einem Con zum Charakter passt, benötigt man auch die Zeit dafür. Bei den normalen Abenteuercon, an denen man primär mit dem Plot beschäftigt ist, findet man selten die Ruhe und Zeit der 2-3 Tage, welche im DragonSys-2nd-Edition-Regelwerk vorgesehen sind, um eine neue Fähigkeit zu lernen. Was bleibt sind Akademie- und Ambientecons. Soll man nun Spieler, die Geld und Zeit investieren, um auf ein Con zu fahren und dort mit Action Spaß zu haben, durch den Lernzwang im Regelwerk zum Besuch von Ambientecons zwingen? Soll man mit einem Lernzwang jene Spieler bestrafen, die keine Lust auf Ambiente- und Akademiecons haben, aber sich auf Abenteuercons motiviert auf den Plot stürzen?

    Ich habe auch Zweifel, ob das Lernen von Fertigkeiten über mehrere Stunden jedem Spieler Spaß macht. Wenn Jemand jeden Tag der Woche mehrere Stunden in einem Hörsaal sitzt oder in einem Büro vor dem Computer, dann kann ich nachvollziehen, dass man in seinem Hobby Larp die Abwechslung sucht und wenig Motivation hat sich stundenlang hin zu setzen, um etwas IT zu lernen. Darf man bzw. ein Regelwerk Jemandem über den Lernzwang verbieten sich in Abenteuer zu stürzen und so an unserem gemeinsamen Hobby Spaß zu haben, weil der Charakter auf diesem Weg nie neue Fähigkeiten erlangen darf?

    Wer hat eigentlich etwas von dem Ausspielen des Lernens? Der Lehrende und der Lernende, wenn sie daran Spaß haben. Vielleicht noch die Zuschauer, die es aber seltenst gibt. Wovon aber alle Spieler etwas haben ist eine gut ausgespielte Fertigkeit. Und dabei spielt es keine Rolle, ob sie im Spiel erlernt wurde oder nicht. Wenn ich sehe, wie Jemand spielt, weiß ich das sowieso nicht. Einen Zauber zum Beispiel will ich je nach seiner Art mythisch, bombastisch, beeindruckend und stimmungsvoll – und dann interessiert mich auch nicht, wie der Charakter zu der Fähigkeit gekommen ist.

    Interessanterweise implizieren die meisten Argumentationen gegen die Realitätsanpassung der 3rd Edition, dass es eine zwingende Verbindung zwischen dem Lernzwang und gutem Spiel gibt. Ich jedoch bezweifle dass ein schönes und stimmungsvolles Ausspielen einer Fähigkeit nur möglich ist, wenn man diese im Spiel lernt. Es besteht sogar die Gefahr, dass das schlechte Spiel eines Lehrenden weitergegeben wird, denn jeder von uns kennt sicher einen Meister, dessen Spiel nicht ganz den eigenen Qualitätsstandards nicht genügt. Wichtig ist mir, dass sich jeder Spieler Gedanken macht, wie er bzw. sie Fertigkeiten passend und als Vorführung für die Mitspieler ausspielen kann – und nicht mehr.

    Unterm Strich kann ich nur wieder darauf hinweisen, dass Liverollenspiel ein Hobby ist und wie alle Freizeitbeschäftigungen, der man sich mit Begeisterung widmet, Spaß machen soll. Und statt die Leute zu etwas zu zwingen, an dem sie keinen Spaß haben, geht die 3rd Edition hier den Weg den Spielern ihre Freiheiten zu lassen und ihnen und ihrem Verständnis für gutes Rollenspiel zu vertrauen. Meiner Erfahrung als SL und als Spieler nach ein Vertrauen, das sich immer auszahlt.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Der Wegfall des Lernzwangs ist richtig und sinnvoll, stellt eine Anpassung an die Realität dar und wird schon nicht zum Untergang des guten Rollenspiels führen.

  • Wie schon in einem vorherigen Beitrag angekündigt habe ich mir das Larp-Regelwerk DragonSys in der 3rd Edition gekauft – und jetzt ist die Zeit gekommen für eine Rezension. Dabei werde ich diese in verschiedene Teile gliedern (wahrscheinlich vier Stück), weil es doch etwas länger werden könnte. Gerade falls eine Diskussion auftreten sollte (was ich  hoffe) sind Sinnabschnitte ebenfalls sinnvoll.

    Rein optisch kommt das Regelwerk sehr schick daher. Dabei lässt es sich hinsichtlich Schriftart und -größe gut lesen, trägt mit seinem Layout aber auch dem Fantasy-Genre Rechnung. Mit 79 Seiten ist es schmaler als die bisherigen DragonSys-Regelwerke, zumal es auch Trankregeln  und die Magieregeln beinhaltet – für nur 9,90 €. Nur fehlt eine Übersichtstabelle, damit man nicht immer im Buch die einzelnen Fähigkeiten heraus suchen muss. Dabei richtet sich das Buch mit den meisten Erläuterung an Anfänger im Hobby-Larp, wobei mir die Larp-Philosophie, die durch klingt, an sich gut gefällt:

    Alles in allem: LARP findet zum Vergnügen der Teilnehmer statt. Daher ist es eigentlich das Wichtigste, dass möglichst jedermann sich gut amüsiert.

    Mehr muss man an sich nicht über das Thema verlieren, so dass man sich der Charaktererstellung zuwenden kann. Dabei orientiert sich die 3rd Edition an der Classic-Version und 2nd Edition, so dass der universelle Charakter, der grundsätzlich alles lernen kann, die Hauptcharakterklasse darstellt. Da der universelle Charakter auf Grund der geringeren Punkte früher eher selten anzutreffen war ist der Unterschied zum spezialisierten Krieger oder Magier in der 3rd Edition geringer: 50 EP zu 60 EP beim Start und 5 EP bzw. 6 EP pro Contag (2nd Edition 50/70 und 5/7). Damit wird der universelle Charakter aufgewertet – ebenso wie mit der jetzt fehlenden Einschränkung, dass er keinen Meister bzw. Großmeisterstatus erreichen kann.

    Rassenfähigkeiten gibt es, im Gegensatz zu DragonSys Classic, 2nd Edition und DNZ (Das neue Zeitalter), gar nicht mehr. Wer eine Fremdrasse spielen möchte erhält dadurch keine Vorteile, denn ausschließlich die Lust an der guten Darstellung der Fremdrasse sollte Grund sein ein solches Wesen zu spielen. Ebenso verhält es sich mit den Vor- und Nachteilen, die man sich bei vorherigen Regelwerken zulegen konnte. Jetzt startet jeder mit den selben Voraussetzungen und andere bzw. besondere Wesen zu spielen hat allein darstellerische Auswirkungen, was ich sehr begrüße. Gerade im Gegensatz zu dem stark reglementierten DNZ ist die Erstellung eines Charakters mit der 3rd Edition einfacher und schneller, ebenso ist die Heilkunde für alle Charakterklassen erlernbar. Apropos Heilkunde:

    Mein wohl größter Kritikpunkt am Regelwerk betrifft die Fähigkeit Heilkunde. Zwar ist sie im Vergleich mit der 2nd Edition besser ausgearbeitet, wo diese Fertigkeit 30 EP kostet, aber insgesamt 60 EP für einen voll ausgebildeten Arzt ist einfach zu gering. Vor allem, wenn man mit 150 Punkten Meistermagier wird und auch beim Fachwissen 100 EP benötigt, um in seinem Fach meisterlich zu sein. Daher wäre meines Erachtens statt Heilkunde 1 (20 EP, Sanitäter), Heilkunde 2 (40 EP, Arzt) und Heilkunde 3 (80 EP, Chirurg) eine Abstufung in Heilkunde 1 (20 EP, Sanitäter), Heilkunde 2 (40 EP, Bader), Heilkunde 3 (100 EP, Arzt) und Heilkunde 4 (200 EP, Chirurg) als aufeinander aufbauende Fähigkeiten besser und gerechter gewesen. Zudem hätte es den meiner Erfahrung nach gespielten Realitäten eher entsprochen.

    Ebenfalls kritisch sehe ich die Regenerationsstufen, die meines Erachtens gerade für menschliche Charaktere einfach zu stark sind. Man muss auch bedenken, dass jede höhere Regenerationsstufe das Spielpotential für die Heiler verringert. Auch die indessen oft gespielte Erfordernis der Reinigung der Wunden, bevor sie zugehen, ist nach dem Regelwerk nicht erforderlich. Gerade die Fähigkeit „Regeneration 4“ finde ich zu stark und glaube nicht, dass ich sie als SL zulassen würde. Heilung aller Wunden innerhalb von 15 Minuten und Nachwachsen abgeschlagener Körperteile innerhalb einer Stunde braucht (sozusagen) kein Mensch.

    Eine gute Idee ist meiner Ansicht nach die Einführung der Fähigkeit „Fachwissen“. Es wird nicht mehr vorgegeben, dass es nur bestimmte Fachgebiete gibt (wie Geschichten und Legenden, Schriften, Spurenlesen, etc.), sondern jeder kann Fachwissen in gewissen Bereichen erwerben und auch weitere Fachgebiete dazu nehmen, wenn es zum Charakter passt (z.B. Rechtskunde, Werwolfskunde, Kryptozoologie, etc.).

    „Niederschlagen“ heißt endlich nicht mehr „Pömpfen“ (ich frage mich noch immer, wer sich damals diese Wort hat einfallen lassen, was grausigerweise indessen sogar seinen Weg in die IT-Konversation gefunden hat). Aber warum es eine Fähigkeit „Niederschlagen“ geben muss und man nicht jedem Charakter zugestehen kann, jemandem mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf zu hauen, verstehe ich ehrlich gesagt nicht.

    Wer gemeuchelt wird, der verliert alle Lebenspunkte und sinkt ohnmächtig zusammen – aber er ist nicht tot und stirbt bzw. verblutet auch nicht schneller, als wenn man in einer Schlacht alle Lebenspunkte verliert. Erst durch einen angesagten Todesstoß (für den es meines Erachtens gegen SCs faktisch nie einen wirklichen Grund gibt) kann ein Charakter sterben. Ich wusste es erst gar nicht, aber diese Regel stand schon so in der 2nd Edition. Mir wurde die Funktionsweise des Meuchelns in den ganzen zehn vergangenen Jahren immer anders erzählt. Dabei ist diese Regelung wirklich gut.

    Da wir gerade vom Sterben eines Charakters sprechen, bleiben wir doch direkt dabei. In der 3rd Edition wird klar auf die Verantwortung eingegangen, die man im Umgang mit dem Tod anderer Charaktere hat, denn es gibt „in fast allen Fällen und für beide Seiten elegantere und spielerisch wertvollere Lösungen als brutalen Mord.“ Außer in Fällen, in denen ein Todesstoß gesetzt wird oder ein Gift bzw. eine Falle eine entsprechend adäquate Wirkung hat, scheint das neue Regelwerk die Opferregel zu präferieren, was ich generell im Larp noch stärker befürworten würde.

    In vielen Foren findet man bezüglich der 3rd Edition die Kritik, dass man keine Punkte mehr für einen Adelstitel ausgeben muss. Im DNZ war es anders: Hier musste man für gewisse Adelstitel bestimmte Fähigkeiten können. Im Endeffekt finde ich aber den kompletten Wegfall der Adelsfrage in der 3rd Edition gut, denn Adel definiert sich nie über Punkte, sondern über das Spiel. Und das heißt in erster Linie Kleidung, Ausstattung, Auftreten und Gefolge. Getreu dem alten Motto:

    Gutes Spiel ersetzt Punkte, aber Punkte ersetzen nie gutes Spiel.

    Und ich denke mit diesem guten Zitat (der übrigens nicht im Regelwerk steht) möchte ich den ersten Teil  beenden. Demnächst werde ich mich mit dem Tranksystem und mit dem Magiesystem der 3rd Edition von DragonSys beschäftigen. Und jetzt hoffe ich hier über die Kommentarfunktion auf eine rege Diskussion bzw. Eure Meinungen zu den angesprochenen Regeln.

  • Nachdem ich jahrelang in erster Linie nach DragonSys DNZ (Das neue Zeitalter) gespielt habe und nur Askir ein Charakter nach dem Larp-Regelwerk DragonSys 2nd Edition ist, freunde ich mich immer mehr mit DKWDDK (Du kannst, was Du darstellen kannst) oder – noch besser – die zwei Regeln an. Das liegt sicher in erster Linie daran, dass Regelwerke letztendlich doch stark in die Spielfreiheit eingreifen. Trotzdem kommt man um Regelwerke in der Region, in der ich wohne und primär spiele, nicht herum und gerade DragonSys ist hier stark verbreitet.

    Ende 2009 ist das neue Regelwerk DragonSys 3rd Edition herausgekommen. Ursprünglich wohl als Neuauflage von DragonSys Classic geplant kam es doch zu so vielen Überarbeitungen und Anpassungen an die gespielten Larp-Realitäten, dass ein neues Regelwerk entstanden ist. Ein Regelwerk, dass wie alle neuen Regelwerke nicht nur in Foren vorgestellt, sondern dort auch schon mehr oder minder kontrovers diskutiert wird. [Q + Q]

    Ich habe mir zumindest jetzt das Regelwerk bestellt und bin schon gespannt, wenn es hier eintrifft. Sicher werde ich dann auch ein paar Zeilen darüber schreiben. Hier kann man schon mal das schicke Design bewundern 😉

    Zu guter Letzt muss ich aber noch erwähnen, dass ich Regelfetischismus unsinnig finde, denn Regelwerke sind nur Richtlinien und gutes Spiel ersetzt immer Punkte, Punkte aber nie gutes Spiel. Ich habe mit nach DNZ erstellten Charakteren noch nie bei einem Larp auf andere DragonSys-Versionen konvertieren müssen und auf meinen eigenen Cons lassen wir alle Regelwerke ( z.B. auch Thats Live) zu – und es funktioniert.

    Also: Alles locker sehen 😉

  • Während Larp-Veranstalter wegen Haftungsängsten immer mehr dazu übergehen nur noch Cons ab 18 Jahre zu veranstalten und im LarpeR eine Gruppe mit dem reisserischen Titel „Wider Kinder auf Con“ eröffnet wird bekenne ich mich dazu gegen den Strom zu schwimmen:

    Gestern haben meine Söhne (12 und 10 Jahre alt) das Feuerkind und mich, wie schon länger geplant, auf ein Con begleitet – das Schattenthal 3. Die Kinder hatten viel Spaß und waren fast die gesamte Zeit Intime (und wenn nicht, dann nur, wenn wir alleine waren) – und die Resonanz war auch durchweg positiv (zumindest bisher). Ein Ambientecon mit Ritterturney, Bogenschützenwettbewerb (an dem auch meine Kinder teilgenommen haben) und sonstigen Spielen war natürlich gerade für einen Einstieg gut geeigent.

    Aus Sicherheitsgründen sind Kinder in der Schlacht fehl am Platz – da sind sich sicher alle einig. Auch hat es immer mit dem Alter zu tun, aber die Erläuterung der oben genannten LarpeR-Gruppe (Zitat: „Sie begreifen es nicht, sie können nicht damit umgehen, sie stören, sie nerven, sie behindern mich beim Rollenspiel. Kinder gehören nicht auf Con!“) ist schlicht und ergreifend Unsinn.

    Dass sie Larp bzw. Rollenspiel nicht begreifen hängt zuerst einmal davon ab, wie man es ihnen erklärt – und wenn ich mir viele Mitspieler anschaue, dann hat das Begreifen von gutem Rollenspiel nichts mit dem Alter zu tun. Dass Kinder damit nicht umgehen können ist auch in den seltensten Fällen der Fall, denn sie wissen sehr genau, dass es nur gespielt ist und die Leute Masken tragen bzw. geschminkt sind. Und wer der Ansicht ist, dass Folter und Vergewaltigung zu einem konsequenten Rollenspiel dazu gehört, der sollte sich fragen, ob er sich nicht besser einen Psychiater sucht.

    Es sollte selbstverständlich sein, dass sich die Eltern um ihre Kinder kümmern – aber ich fühle mich von Kindern weitaus weniger genervt oder in meinem Spiel gestört als von schlechten Rollenspielern, OT-Gesprächen am Lagerfeuer, unschönen Kämpfen, etc. In der Argumentation wurde genannt, dass man z.B. als Orkspieler auf die Kinder in Acht geben muss und sie nicht als Gerüsteter einfach umrennen kann – aber ich als Erwachsener erwarte ebenfalls, dass man auf mich Acht gibt und mich ebenfalls nicht einfach über den Haufen rennt. Nicht umsonst sollte ein Infight abgesprochen werden …

    Mit Kindern auf Con? Wenn man die Kinder entsprechend betreut und sie auf das Larp vorbereitet.sowie das richtige Con aussucht kein Problem Wie konsequent ist zudem eine Welt ohne Kinder? Und was wäre Larp ohne Nachwuchs, der nicht erst mit dem coolen schwarzgewandeten Assasinen beginnt gutes Rollenspiel zu erfahren? Kinder sind eine Bereicherung  und unsere Zukunft – auch im Larp.

  • Die Liverollenspielveranstaltung „Drachenkrieger 1“ ist vorbei, die Review ist geschrieben – und jetzt beginnt das Sortieren und Säubern der Kleidung, das Trocknen des Zeltes und die Vorbereitung auf das nächste Con, das am Mitwoch beginnt. Passend zum Con habe ich auch den „Blutvogt-Mantel“ fertig gestellt, für den die ersten Skizzen ja schon im Januar entstanden sind. Aber die nächsten Nähprojekte warten schon. Aber zum eigentlichen Thema dieses Beitrages:

    Als ich am Samstagabend die Wiese betrat, auf der wir den unheiligen Kreaturen entgegen treten sollten, um die Rüstung des Lichts vor ihnen zu bewahren, hatte die Abenddämmerung gerade eingesetzt. Erst nach der siegreich geschlagenen Schlacht kam mir in den Sinn, dass es dunkel wurde und man aus Sicherheitsgründen doch an sich eine Beleuchtung des Feldes benötigt hätte. Dann kam mir in den Sinn, dass es in der Nacht zuvor im Lager schon zu kleineren Kämpfen gekommen war und hier auch, bis auf einige vereinzelte Fackeln mit ihrem spärlichen Licht und zuweilen von der Spielleitung (SL) hochgehaltenen Taschenlampen, keine Beleuchtung zugegen war. Dabei war der Untergrund im Lager auf Grund des schlechten Wetters am Freitag wirdklich enorm rutschig.

    Wenn ich nun an die letzten Cons zurück denke habe ich das Gefühl, dass die Qualität der Ausleuchtung immer mehr abnimmt. Waren früher zeitweilig viele Baustrahler auf Stativen im Einsatz und Elektro-Aggregate (wo es kein Stromnetz gab), so wirkten bei den letzten von mir besuchten Veranstaltungen diese Ausleuchtungen doch recht improvisiert. Im ersten Moment war ich innerlich entrüstet über diese Entwicklung, die ja auf Kosten der Sicherheit geht. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr zweifel ich daran. Ist dieses „Ich kämpfe nur auf einem ausgeleuchteten Platz“ vielleicht ein indoktriniertes Sicherheitsdenken, das aber nicht zwingend richtig ist!?

    Die besagte Endschlacht in der Abenddämmerung hätte nie die Atmosphäre und Intensität haben können, wenn im Hintergrund das Rattern eines Aggregats zu hören und der Platz hell erleuchtet gewesen wäre. Licht hätte die Stimmung einfach zerstört und damit auch den intensiven Moment, der zum Rollenspiel einfach dazu gehören sollte.

    Abgesehen von dem atmosphärischen Grund stellt sich aber immer noch die Frage, ob ein Ausleuchten den Kampf zwingend sicherer macht. Ich habe beim Kampf einen Kopftreffer kassiert und auf Grund eines Schwerhiebs auf meine Hand war diese später geschwollen. Aber auch Licht hätte im ersten Fall die falsche Schwerführung (von oben)  nicht verhindert und dass beim zweiten Fall meine Hand zufällig vor meinem Torso war, ist einfach Pech gewesen – ein normaler Sportunfall sozusagen. Auf einem hell erleuchteten Fußballfeld kommt es meiner Erfahrung nach zu mehr Verletzungen.

    Eine Wiese mit vielen Löchern verbietet sich auf Grund der Verletzungsgefahr eh für Kämpfe – unabhängig davon, ob sie beleuchtet ist oder nicht. Und wer schaut während des Kampfes schon ständig nach unten, um Stolperfallen zu suchen? Zumindest Niemand der erwartet in der Schlacht länger als eine halbe Minute zu bestehen. Und um den Gegner zu sehen und eine Unterscheidung zwischen Kopf und Torso zu treffen reicht das auch Nachts vorhandene Restlicht normalerweise aus.

    Meiner Meinung nach ist eine Ausleuchtung des Kampfplatzes oftmals eher ein Sicherheitsrisiko. Beim THW haben wir zum Ausleuchten Systeme wie den  Powermoon oder Fahrzeuge mit hoch ausfahrbaren Lichtmasten, womit man auch größere Plätze blendungsfrei ausleuchten kann. Da jedoch nur wenige Orgas sich ein paar Powermoons mit Stückpreisen über 700 € leisten können (vom Fahrzeug mal ganz abgesehen) muss man sich mit Baustrahlern auf den kleinen Stativen begnüngen – und erreicht nicht die für ein blendungsfreies Ausleuchten erforderliche Höhe. Geblendet sieht man jedoch weniger, als wenn man den Platz gar nicht ausleuchten würde – und damit sinkt trotz Beleuchtung die Sicherheit.

    Daher ist meine Meinung: Wenn man keine blendungsfreie Ausleuchtung hinbekommt sollte man sie besser weg lassen. Der Platz sollte für Kämpfe geeignet sein – und dann sollte das natürlich Licht ausreichen. Schöner für die Stimmung ist es auf jeden Fall.

  • Während Calla in ihrem Blog sehr treffend den Larp-Charakter-Archetypen des „Ich-Plot-nicht-Piraten“ beschreibt, surfe ich auf dem Online-Netzwerk LarpeR. Neben Diskussionen über „Gewandungsnazis“ und „Gewandungsmuffel“, in denen die in Foren so beliebten Fronten geschaffen werden, scheint gerade die Option eigene Fotos hochzuladen viele Liebhaber gefunden zu haben. Neben den etlichen Fotos von irgendwelchen Schlachten und Cons, an denen man meist selber nicht teil genommen hat, findet man auch einige Schmuckstücke – und unter diesen auch wirklich schöne und liebvoll gestaltete Gewandungen. Und ich entdecke darüber hinaus auch Charakterklassen, die mir in den letzten Jahren nie untergekommen sind …

    2009-05-05-blog-hexenjaeger01Während der vergangenen Jahre habe ich mehr als eine Hexe im Spiel erleben dürfen und bin sogar schon auf einen Hexer und eine männliche Hexe (was wundersamerweise nicht das Selbe zu seins scheint) getroffen. Auch wenn scheinbar Schwarz immer noch die bevorzugte Farbe von Hexen zu sein scheint (was Oma Wetterwachs sicher unterstützen würde), so war es doch selten, dass eine Hexe ihren „Beruf“  öffentlich zugibt. Außer vielleicht in Amonlonde, wo Hexen aber gesellschaftlich nicht nur anerkannt, sondern auch hoch geachtet sind. Jedoch in ihrer Mehrheit waren sie mit helfenden Händen und naturverbunden, wenn nicht gar Gaia-gläubig, für die „gute Sache“ tätig.

    Jetzt blättere ich so in den unzähligen Fotoalben bei LarpeR und stoße immer wieder auf das Charakterkonzept des „Hexenjägers“. Dämonenjäger, Vampirjäger und auch gegen Nekromanten vorgehende Inquisitoren waren immer präsent – weil auch Dämonen, Vampire und Nekromanten im Normalfall von NSC gespielte Gegner waren. Plötzlich tauchen jedoch die Hexenjäger auf  und dann scheinen sie auch alle fast denselben Modeberater zu haben – als gäbe es eine larpweite Modelinie für diesen Berufszweig. Mantel, hoher Hut, Degen, Pistole und natürlich die Segenssprüche, welche mit Siegeln an den Schulterplatten befestigt sind. Der Modeberater ist scheinbar der mehr oder weniger berühmte Warhammer-Hexenjäger.

    2009-05-05-blog-hexenjaeger02

    So schreitet der hochbehütete Charakter in die Welt hinaus, um … Hexen zu finden und auf den Scheiterhaufen zu bringen? Wenn auf Liverollenspielveranstaltungen (sprich: Cons) ständig böse Hexen rumlaufen würden, dann macht das Konzept sicher Sinn, denn man kann es mit Leben füllen. Was ist jedoch bei Hexen auf der Spielerseite, die sich für das Gute engagieren? Wie viele entsprechende Erlebnisse braucht ein Hexenjäger, um zu einem „Nur-noch-böse-Hexen-jagender-Hexenjäger“ zu werden? Ich kann mich irren, aber mir scheint der Charakter fürs Larp wenig sinnvoll – und habe das Gefühl, dass der Wunsch das coole Outfit zu tragen irgendwie primärer Entscheidungsgrund war.

    Bin jetzt schon gespannt mal einen Hexenjäger auf Con zu treffen – und ich hoffe darauf, dass dann die amonlondische Hexe (und Richterin) Arkana ebenfalls dort ist 😀

  • Im Larp eine bespielbare Stadt darzustellen endet meist auf Grund der möglichen Ressourcen in einer Zeltstadt, wie man es von den Großcons Drachenfest und Mythodea her kennt. Doch vor unserem inneren Augen haben wir doch primär die Bilder von Ortschaften wie Bree und Hobbingen aus dem „Herr der Ringe“ und von Freilichtmuseen wie z.B. in Kommern oder das Ukranenland.

    2009-05-04-weltentor031

    Sie sind es, die unsere Vorstellung einer mittelalterlichen Ortschaft prägen. Dabei sind die Freilichtmuseen Ausdruck einer früheren, historischen Realität, während die heutigen Filme, seinen es Historienfilme als auch Filme aus dem Bereich Fantasy, bemüht sind eine möglichst realistische Architektur zu zeigen. Das bedeutet nicht nur eine Nähe zu der Realität, sondern auch eine Entwicklung einer logischen Architektursprache, die u.a. von den Ressourcen, Materialien sowie gesellschaftlichen und klimatischen Rahmenbedingungen beeinflusst wird.

    2009-05-04-weltentor01Im Sommer dieses Jahres nun eröffnet zwischen Gera und Chemnitz der „Themenpark Weltentor„, der erste Fantasy-Themenpark im mittelalterlichen Ambiente mitten in Deutschland. Hier wird meines Eindrucks nach Liverollenspiel als Event im Stile eines Disney-Parks und Phantasialandes angeboten. „Das Gelände des Parks befindet sich auf dem Planeten Anwynor … Anwynor ist entwicklungsgeschichtlich ungefähr mit unserem 12./13. Jahrhundert vergleichbar. … eine an das Mittelalter angelehnte Fantasywelt, in der sich sowohl bekannte Elemente aus dem Früh- bis Hochmittelalter, als auch Elemente von Mythen, Legenden und Fantasien vereinigen. Das Zentrum dieser Welt ist eine Stadt mit unterschiedlichen Vierteln, wo ein jedes seinen ganz besonderen Charme und reizvolles Ambiente bieten wird.“

    Besagte Stadt, die meinem Verständis nach eine auf dem Baustil des Mittelalters basierende Fantasy-Architektur beinhalten sollte, stellt jedoch nach Sichtung der Fotos die Mittelalter-Klischee-Kitsch-Ikone Neuschwanstein noch in den Schatten. Hier hat man von jedem Baustil etwas genommen, in einen Eimer geworfen, einmal geschüttelt und was raus kam irgendwie verbaut. Dabei sind Gebäude entstanden, die in dieser Art und Weise in der Realität nie gebaut worden wären. Auch nicht in einer Fantasy-Realität – wenn man sich mit der Thematik ein mal näher auseinander gesetzt hätte.

    Ich will jetzt gar nicht mit dem architekturtheoretischen und architekturgeschichlichen Grundlagen anfangen oder näher in die technische Verarbeitung der Materialien eingehen (die man sicher so heute nicht mehr verarbeiten muss, aber es wäre doch schön, wenn es zumindest so aussehen würde)  bzw. ihre bauliche Zusammenstellung – es reicht schon ein Blick auf das Bild zu werfen und mit der Tragkonstruktion von Holzfachwerken zu vergleichen, um festzustellen, dass hier nur Fragmente der in vielen Köpfen als Klischee verhafteten vermeintlichen Stile als Patchwork realisiert wurden.

    2009-05-04-weltentor02

    Dass man heute nicht mehr die gleiche Art des Bauens realisieren kann (weil nicht mehr jeder diese Techniken beherrscht und es schlicht und ergreifend niemand bezahlen kann) ist mir bewusst, aber dennoch hätte man meines Erachtens eine realistischere Visualisierung erreichen können. Nicht nur eine Fassade an den britischen Tudor-Stil anlehnen und die anderen Fassaden vernachlässigen, sondern den Architekturstil durchgängig optisch darbieten hätte der Stadt einen Anschein von Realismus geben können, wo jetzt nur allzu offensichtlich Trugfassaden entstanden sind.

    Schade um die verpasste Chance, die von Filmen und Museen in unserem Geist und unserer Phantasie geformten Bilder in eine realistisch anmutende Architektur, die wirklich auf der Historie und nicht auf Klischees basiert, umzusetzen.

  • Am Sonntag war ich auf dem Mittelaltermarkt „Spectaculum“ in Oberwesel. Jede zwei Jahre findet dieser Mittelaltermarkt statt und trotz der Liebe zum Detail, den strikten Vorgaben an die Schausteller, was deren Gewandung und ihren Stand angeht, und der Kulisse in der schönen Altstadt des Ortes am Mittelrhein musste ich feststellen, dass letztendlich alle diese Märkte sich doch stark gleichen und auch das Angebot überall an sich identisch ist. Dabei wird auf diesen Veranstaltungen ein mit vielen Klischees behaftetes Mittelalter gezeigt, das mit den historischen Fakten nur rudimentär etwas zu tun hat. Ein Mittelalter, wie es der von Hollywood geprägten Geschichtsauffassung und dem touristenkonformen Mainstream (und damit dem Kommerz) zuträglich ist.

    Es beginnt mit der Taverne, in der Niemand daran denken würde den Wein wie in früheren Zeiten anzubieten. In den Schenken viel Fleisch (wer konnte sich das früher schon leisten) und gut abgeschmeckt mit Gewürzen, die sicher nicht nur aus Europa stammen. Irgendwo steht auch immer ein Badezuber rum, in dem sich manchmal einige Wagemutige unter den spöttischen Blicken des prüden und hygienegewohnten Publikums hinein wagen. Die Verkäufer von pseudomittelalterlichem Schmuck (von Symbolen der Mayas über die der Kelten und Wikinger bis zum modernen Gothic ist alles dabei) und von indessen durch den Mittelalterboom in Serie hergestellten Gewandungen dürfen dabei natürlich auch nicht fehlen (und von der Wikingertunika bis zum Dreispitz aus dem 18. Jahrhundert fehlt auch wirklich wenig).

    Die Gruppen, die normal Reenactment machen und bei solchen Veranstaltungen gerne als Rahmenhandlung gebucht werden, oft als Schaukämpfer und für das Ritter- bzw. Landsknechtlager, sind dabei wohl die wenigen Personen, die wirklich Ahnung haben von den historischen Hintergründen und sich um wirkliche, einer Epoche zugehörigen Authentizität bemühen. Darüber hinaus gibt es aber dann noch weitere Mittelalterinteressierte, die ihre Zugehörigkeit mit dem Erscheinen in mittelalterlicher Gewandung für jeden sichtbar zum Ausdruck bringen müssen – und das selbst in Oberwesel, wo man durch diese Kleidung keinen Preisnachlass erhalten hat.

    Ich für meinen Teil finde unsere moderne Kleidung sowohl bequemer als auch praktischer – aber da mag man unterschiedlicher Meinung sein. Aber wenn, dann bitte nicht in Gewändern aus Pannesamt, die aus den alten und schlechten Historienschinken aus den 50ern entstiegen scheinen. Keine Larper, die meinen als Fantasy-Barbar in Lederkilt mit Fellresten hier richtig zu sein. Nicht stolz mit Larp-Polsterwaffen oder dem Baum von Gondor auf dem schwarzen Umhang umher stolzieren. Das sind nur einige Beispiele, wie man sich krampfhaft bemühen kann sein Ego zu streicheln, weil man ja angeblich „dazu gehört“ und von den „normalen Touristen“ bewundernd angeschaut wird, während man sich vor allen, die sich ernsthaft um etwas Authentizität bei Mittelalterveranstaltungen bemühen, lächerlich macht.

    Seit einigen Jahren entdecken immer mehr Gemeinden das Mittelalter für ihre Festivitäten für sich und entsprechend häufiger sieht man Werbeplakate für Mittelaltermärkte. Wenn ich an die Besuchermassen in Oberwesel denke muss ich verwundert feststellen, dass dieser Boom trotz eines größeren Angebotes ungehindert anhält. Eine Tendenz, die man auch im Liverollenspiel findet, das sich meines Erachtens in den letzten Jahren auch von einer Subkultur in ein Massenphänomen gewandelt hat. Ob das ein Ausdruck für Wehmut nach einer einfacher strukturierten Zeit war halte ich für etwas zu oberflächlich, aber warum gerade diese Epoche so starken Zulauf findet wäre doch mal eine nähere Betrachtung wert – irgendwann später vielleicht 😉

    Doch es wäre ungerecht, wenn ich nicht ehrlicherweise zugeben würde, dass ich eine interessante Stunde auf dem Markt hatte: Ein Fachgespräch über den Bau und die Sanierung von alten Fachwerkbauten. Etwas, was aber wohl nur wenige Besucher des Marktes wirklich interessiert hat. Als Fazit kann ich nur feststellen: Ich für meinen Teil werde wohl so schnell keinen Mittelaltermarkt mehr besuchen, denn da gibt es selten etwas Neues.

  • Ergänzend zu meinem Beitrag „Engagement“ kann ich, angeregt durch einen aktuellen Konflikt Diskussion, larpspezifisch ergänzen, dass es auch die Leute gibt, die schon vor langer Zeit mit Liverollenspiel begonnen haben, aber nur sehr selten auf Conventions anzutreffen sind. Also die Larper, die nur ein oder zwei Mal pro Jahr auf Veranstaltungen sind und auch sonst, z.B. über das Netz, wenig Kontakt zur „Szene“ halten. Natürlich sei jedem selbst überlassen, wie viel Zeit man in das Hobby Larp steckt und das wird grundsätzlich von mir auch nicht kritisiert.

    Dieser Personenkreis sollte dann aber auch akzeptieren, dass Entwicklungen der Szene und daraus resultierende Änderungen an Ihnen vorbeigehen können. Man kann nicht davon ausgehen, dass es heute noch zwingend so funktioniert, wie das vor Jahren, als das Larp sicher noch familiärer und kein Massen phänomen war, der Fall gewesen ist. Die Anzahl der Veranstaltungen zeugt davon ebenso wie die indessen juristisch immer ausgefeilteren AGBs und eine ingesamt anzutreffende Professionalisierung der Arbeit innerhalb der Orga-Teams.

    Die Zeiten, in denen selbst bei Einladungscons für eine Gruppe jedes Gruppenmitglied angesprochen wurde und einfach mündlich zu- oder absagte, sind selbst für solche Arten von Cons schon lange vorbei. Die Organisatoren nehmen selbst bei Veranstaltungen dieser doch überschaubaren Größenordnung eine Verantwortung und finanzielle Verpflichtung auf sich, die sich in keinster Weise von denen gewerblicher Dienstleister unterscheidet. Als Orga-Team bzw. Spielleitung ist man nämlich genau das: Dienstleister – und genau das Selbstverständis drückt aus, welchen Weg die Larporganisation genommen hat.

    Mündliche Zusagen und das Vertrauen darauf, dass der Conbeitrag dann schon bezahlt wird, funktionieren in der heutigen Zeit meiner Erfahrung nach leider selbst bei gruppeninternen Cons nicht mehr. Dies auch in Hinblick darauf, dass meist schon ein Veranstaltungsort angemietet und damit eine finanzielle Verpflichtung gegenüber Dritten eingegangen wurde. Kosten, die an den engagierten Leuten, die das Con organisieren, hängen bleiben, wenn Zusagen dann doch nicht eingehalten werden und man keine Handhabe hat an das Geld zu kommen.

    Die standardisierten Anmeldungsprozeduren mit ihren AGBs mögen steril sein wie ein gewöhnlicher Vertrag, wie man ihn aus dem täglichen Geschäftsleben kennt – aber man muss erkennen, dass man genau einen solche Vertrag mit all seinen rechtlichen und finanziellen Bindungen eingeht, wenn man sich heute zu einem Con anmeldet. Die „gute, alte Zeit“, wo alles mit einem Händedruck machbar war, ist auch im Larp vorbei. Man kann deshalb in Tränen ausbrechen und mit seinem Kopf gegen die Wand schlagen, wenn man möchte – ändern wird es daran aber Nichts.