Wow! Ich freue mich über soviel Feedback auf meinen letzten Blogbeitrag. Sowohl in den Kommentaren auf diesem Blog als auch bei Facebook auf meiner Larp-Seite, (verdammt viele Äußerungen) bei meiner Frau und letztendlich bei mir. Vielen Dank, denn jede Meinung hilft mir weiter. 🙂
Daher werde ich jetzt schon mal einige Punkte heraus greifen, die mir in der Diskussion aufgefallen sind. Punkte, die ich vielleicht etwas gerade rücken muss, indem ich etwas mehr über den Charakter erläutere – aber auch schon darüber hinaus gehende, weiterführende Gedanken und Ansätze. Schließlich soll für mich ja auch am Ende ein Ergebnis über eine schlüssige und gute Darstellung meines Reichsritters Mathras von Orktrutz bei seinem „Comeback“ außerhalb seines Heimatlandes Dorlónien stehen. Daher freue ich mich auch weiterhin über Deine Meinung, Tipps und Ratschläge.
Erstmal musste ich feststellen, dass meine Aussage mit dem gemeinsamen Trinken mit den Soldaten schlecht formuliert war und in der Diskussion öfter darauf Bezug genommen wurde, als der Punkt meines Erachtens eigentlich verdient. Gemeint war, dass er sich nicht zu schade ist auch gemeinsam mit den Soldaten am Tisch (bzw. am Lagerfeuer) zu sitzen und zu reden – aber dem Einwand von Gregor, dass er an der besagten Tafel einen besondern Platz haben sollte oder Anderes, was ihn hervor hebt, stimme ich zu. Wobei der Umgang in dieser Runde und damit der Eindruck über die Stellung des Ritters natürlich auch immer ein entsprechendes Zusammenspiel innerhalb der Gruppe bedingt, denn letztendlich macht auch das Gefolge den Ritter.
Gleichwohl zeigt die Reaktion auf diesen einen, für mich eigentlich eher als nebensächlich bewerteten Satz, dass es ein Bild herauf beschwört, dass offensichtlich nicht so selten ist. Die Larper, die wie gewöhnliche Mietlinge aussehen, sich auch so benehmen und nur kämpfen und saufen – aber einen Ritter darstellen, der als solcher behandelt werden will. Ich kann diesbezüglich Alle beruhigen: So bin ich (und Mathras) nicht, so habe ich den Charakter nie gespielt und habe es auch nicht vor. Da mögen mich die (dorlónischen) Götter vor bewahren.
Da aber einige Kommentatoren mich nicht mit dem Charakter (und teilweise auch nicht mit anderen Charakteren bzw. OT) kennen und Niemand in meinen Kopf schauen kann ist klar, dass es dann zu Irritationen kommt. Zumal wenn ich nur Dinge aufzähle, was ich an Ritterklischeespiel nicht leisten will, aber Nichts nenne, was mich als Ritter dann auszeichnet. Das ist mir erst beim Kommentar von Nria richtig klar geworden:
Ich lese im Text nur „Ich möchte diese ritterliche Eigenschaft nicht haben, ich will jene ritterlichen Pflichten nicht erfüllen.“ Begründungen lassen sich für jeden Unfug zusammenzimmern, machen aber ein Charakterkonzept nicht besser. Was genau macht deinen Charakter denn im Spiel (NICHT: Hintergrund!) zum Ritter? Durch welche Spielelemente können deine Mitspieler erkennen, dass du ein Ritter bist und nicht irgendein Soldat?
Eigentlich habe ich selbst früher – also meine Ausstattung weit unter meinen selbst damaligen Ansprüchen lag – nie Probleme gehabt als Ritter wahrgenommen und behandelt zu werden. Selbst auf Cons wie dem Merseberg 1, auf dem ich extra den Ritter (mit dessen Ausstattung ich nicht zufrieden war) nicht an die große Glocke gehangen habe und trotzdem Kraft Titel innerhalb kürzester Zeit plötzlich Lagerkommandant war. Doch Larp ist in einem ständigen Wandel und einem Prozess der Weiterentwickung und was damals en vogue war muss heute nicht mehr akzeptierter und verbreiteter Standard sein.
Die im vorherigen Beitrag aufgeführten Beispiele sind dazu gedacht die Differenzen zwischen dem empfundenen Standard und vermeintlichen Konsens auf der einen Seite und dem auf Hintergrund basierenden Verhalten und der Einstellung meines Charakters heraus zu stellen. Es gibt meiner Ansicht nach durchaus einen Unterschied zwischen „diese ritterliche Eigenschaft will ich nicht haben“ und „diese (ritterlichen) Eigenschaften passen nicht zum Hintergrund“. Doch durch die Kommentare ist mir bewusst geworden, dass ich diesen „Mangel“ in der Ritterdarstellung irgendwie anders ausgleichen muss, damit der Ritter weiterhin im Spiel ersichtlich bleibt.
Oder auch: Warum genau spielst du einen Ritter? Nur, um dich „Ritter“ nennen zu können?
Eine Frage, die einfach zu beantworten ist: Weil Mathras mein ältester und damit auch ein liebgewonnener Hauptcharakter ist. Und der ist nun mal Ritter (geworden). Nicht von Charaktererstellung an, aber es hat sich Intime so entwickelt und – auch für mich OT überraschend – wurde ich dann zum Ritter geschlagen. Seit damals(TM) – 2004 – hat sich aber viel getan, was den Anspruch an die Darstellung angeht. Sowohl im Larp auch auch bei mir selber. Gleichwohl gibt es aber immer wieder Stimmen (sowohl innerhalb als auch außerhalb von Dorlónien), die sich ein verstärktes Auftauchen von Mathras wünschen würden. Das sind die Gründe, warum ich mir derzeit Gedanken um die Darstellung von Reichsritter Mathras von Orktrutz mache.
Entsprechend haben doch irgendwie alle einen Schwerpunkt im Idealbild eines Ritters gewählt. So wie ich deinen Beitrag oben lese hast du das mit Mathras gemacht. Das Militärspiel und der Schutz der Schwachen.
Danke Steffen. So banal die Feststellung war, war es für mich so der erste Fingerzeig um zu definieren, wofür Mathras eigentlich steht. Ein Gedanken, den ich – auch auf Basis von Ulis Worten – weiter verfolgt habt und derzeit weiter verfolge.
Als früherer Soldat hatte sich Mathras schon vor seiner längeren Pause zu Jemandem entwickelt, der Truppen kommandiert und motiviert sowie in den Kampf führt. Wie auf dem „Zwielicht 1“ im Winter 2014. Der Schutz der Schwachen ist – wie auch der stete Kampf gegen das Zwielicht – eine der Aufgaben, denen er sich verschrieben hat. So trägt er in seiner Mark schließlich auch die Verantwortung für den Schutz seines Volkes bzw. der Siedler in den Wehrdörfern vor den Orken.
Mathras ist auch schon oft IT als Koordinator tätig gewesen. Schon vor seinem Ritterschlag hat er als Leutnant auf Cons den „Kriegsrat“ einberufen und Aufgaben verteilt. Das liegt sicher auch daran, dass ich ein Fan von kooperativem Spiel bin und die Verantwortung als Ritterspieler für Andere (auch außerhalb der eigenen Gruppe) Spiel zu generieren durchaus anerkenne. Spielergruppen, die sich abschotten und den Plot für sich horten, entsprechen nicht meinem Spielstil. Darüber hinaus kann Mathras auch als Vermittler agieren und als Diplomat Leute zusammen bringen. Er hat als Dorlónier keine große Erfahrung in höfischen Etiketten, aber auf Grund seiner Reisen wird er wohl nicht mehr in jedes Fettnäpfchen rein rennen.
Ob das reicht, um auch ohne Minnedienst, Tanzbällen, Turnierteilnahmen und formvollendeten höfischen Etiketten einen Ritter darzustellen – das ist die zentrale Frage meiner diesbezüglichen Beiträge. Wobei die Darstellung ja nicht nur das (ritterliche) Benehmen beinhaltet, sondern auch Kleidung und Ausstattung von Charakter und seinem Lager. Was ist ein „Must“, was ein „No-Go“ – und was ist „nice to have“ oder bietet sogar interessante Möglichkeiten mal was außerhalb der gefühlten (!) Norm zu machen? Fragen, die ich gerne weitergebe und mich über Deine Meinung freue …
Moin Hagen,
ich glaube, du machst in deinen konzeptionellen Überlegungen einen Fehler. Du gehst davon aus, dass das „Leben bei Hofe“ zwingend zum Ritterdasein dazugehört. Das sehe ich, auch aufgrund meines Spielumfeldes, das das höfische „pollyPocket-Larp“ mit Tanzbällen, HofCons und Pseudo-Knigge meidet wie der Bozephalus die Wägung, deutlich anders. Ein Ritter braucht aber für eine überzeugende Darstellung keine vollendeten Manieren, muss nicht Tanzen können und muss sich auch nichts aus Minnedienst machen, wenn das nicht zum Rollenonzept gehört. Er ist sich seines Standes bewusst, pflegt diesen und die Anerkennung der Ritterbrüder und des Lehnsherren ist das, was zählt. Das heisst für mich, dass auch ein Ritterkonzept, das den Fokus auf den Berufssoldaten legt, durchaus ritterlich überzeugen kann. Turnierteilnahmen sind da ein eigenes Ding, weil man da eben doch die eigenen kämpferischen Fähigkeiten zeigt und sich präsentieren kann, was bis zu einem gewissen Grad zum ritterlichen Anspruch gehört (und wenn man einmal gesehen hat, wie der Bastard de Bois senen Gegner durch die Turnierschranken hämmert, stellt man schnell fest, dass es da auch zur Sache gehen kann). Ein Ritter muss sich halt visuell durchaus vom „einfachen“ Kriegsknecht abheben, da habe ich allerdings wenig Sorge bei dir. Es geht aber auch bei einem Ritter nicht darum, die totale Materialschlacht aufzufahren. Grade „auf Reisen“ ist das auch nicht wirklich notwendig. In meinen Augen „braucht“ man als Ritter:
– Ein Alltagsgewand, das auch für den Krieg taugt
– Ein „gutes“ Gewand für besondere Anlässe (der Sonntags-Anzug sozusagen)
– ein eigenes Sitzmöbel (Hocker, Stuhl, Sitztruhe mit einsteckbarer Rückenlehne)
– im Idealfall ein zweites für einen Gast
– Wehr und Waffen
– eigenes Geschirr, was durchaus eher Zinn als Holz oder Ton sein darf
– ein kleines „Banner“ das man vor dem eigenen Lager aufpflanzt, um kenntlich zu machen, wer hier wohnt
Alles darüber hinaus ist Kür. Aber das ist meine private Sichtweise.
Hallo Gregor,
dann scheint Dein Umfeld anders zu sein als mein (zumindest gefühltes) Umfeld außerhalb Dorlóniens bzw. anders als das Spielszenarion, das man – sicher auch durch die immer zahlreicher werdenden Fotodokumentationen – von Cons mit Adel und Ritter assoziiert. Und das sind halt Turniercons, Tanzbälle und Hofhaltungsveranstaltungen.
Was die Turnierteilnahmen angeht liegt es aber aktuell auch noch daran, dass ich zum einen mir noch Rüstzeug anschaffen muss, aber auch, dass ich erst noch ein paar Kilos verlieren möchte, um agiler zu sein. Zudem müsste ich meine Kampffähigkeiten auffrischen, da ich ja primär Askir gespielt habe und der hat seine Waffe eher zur Zierde. 😉
Deine Liste trifft schon relativ genau das, was ich mir für meinen Ritter auch vorstelle. Einfach praktische Sachen für die Reise. Auf seiner Burg mag es pompöser sein, aber man schleppt ja nicht ’ne ganze Burg mit. Bin total froh, dass ich mit dieser Liste und Einstellung nicht ganz alleine dastehe. 🙂
Liebe Grüße, Hagen.
Wichtig fände ich die Frage: Was genau unterscheidet den Charakter von einem nicht-ritterlichen militärischen Anführer? Nur „militärischer Anführer und Schutz der Schwachen“ macht einen Charakter m.E. noch nicht zum Ritter, denn das trifft auch auf andere Charakterkonzepte zu, seien es religiöse oder militärische Charaktere.
Das höfische Getue findet ja auf Abenteuer- und Schlachtencons ohnehin nicht statt, aber am einfachsten unterscheidet sich ein Ritter von einem Hauptmann mMn schon durch Ehrenhaftigkeit. Diesen Aspekt wegzulassen im Kampf finde ich schwierig …
So ganz ohne zumindest Funken Ehre ist er sicher nicht, aber da er in seiner Geschichte schon selber mit Truppen ganze Orkdörfer ausgelöscht hat (also mit Mann, Frau und Kind) ist es schwer ihm jetzt eine vollkommene Ehrhaftigkeit zu verpassen, wie sie in Dorlónien z.B. durch den Gott Taphanor gepredigt wird. 😉
Du magst recht haben, dass sich ein militärischer Ritter nicht sonderlich von einem Hauptmann unterscheidet – außer dass er einfach Kraft Titel von Adel ist. Und doch gibt es trotz dessen, dass er die Ehre nicht sonderlich hoch hält, sicher Unterschiede zu einem Söldnerhauptmann – nämlich im Verhalten und Umgang.
Wiederum haben wir in Dorlónien einen bespielten Hauptmann, der als sehr taphanorgläubig die Ehre hoch hält. Den Unterschied zwischen ihm und den Rittern zu beschreiben ist wirklich schwer – außer dass er auf die Befehle der Ritter hört und damit er den Anderen zum Ritter macht. Bei Cons kam es aber auch schon vor, dass er (als Gardist aber auch immer schwer gerüstet) als Ritter angespielt wurde, während der eigentliche Ritter (nicht von mir gespielt!) nicht beachtet wurde.
Letztendlich läuft es auch darauf hinaus, wie man sich präsentiert. Nur kann uns ja auch nicht geholfen sein, wenn wir deshalb jetzt postulieren, dass jeder Ritter z.B. ehrenhaft zu sein hat. Denn gerade Unterschiede zwischen den Charakteren – auch innerhalb der selben Charakterklasse – machen halt auch viel des Spiels aus.
Aber mal Anders gefragt: Was macht für Dich einen Ritter zum Ritter? 😉