Die Ritterdarstellung

Wenn ich mir die Fotos von Rittern und ihrem Gefolge bei den (gefühlt immer mehr werdenden) Turnier- und Hofhaltungscons anschaue, dann bleibt mir oft der Mund offen stehen. Die Ausstattung, die Kleidung – Wow! So zum Beispiel jetzt ganz aktuell auf den Fotos von einem Con am letzten Wochenende, auf dem auch meine Frau unterwegs war. Fotos, die man hier findet. Fotos von Rittergruppen, die zu einem großen Teil schon pornös sind. Und die gerade deshalb einen Standard und einen Anspruch für die aktuelle Darstellung von Rittern und Adel im Larp postulieren.

Unabhängig davon, wie man den daraus resultierenden Anspruch an die Darstellung von Adel im Larp selber bewertet, so ist er doch existent und hat durch die in den vergangenen Jahren immer aufwendigere Ausstattung die Latte immer höher gelegt. Das bedeutet auch, dass man sich an diesem Standard messen lassen muss. Dass man daran gemessen wird – ob man das möchte oder nicht. Wer nicht in der Lage oder Willens ist diesem Anspruch und diesem Standard gerecht zu werden und trotzdem einen Adligen spielen möchte, der muss unweigerlich damit rechnen, dass er nicht als Adliger erkannt und angespielt wird. Sicher kann man auch heute noch einen Ritter in Lederhose und Schnürhemd spielen, doch wird man damit leben müssen, sich gar nicht oder nur schwer gegen andere Adelsspieler durchsetzen zu können.

Man mag es als ungerecht empfinden, doch ich begrüße jede Entwicklung, die den Gesamteindruck des Spielumfeldes verbessert und damit auch die Immersion in die Larp-Welt fördert. Dazu gehört (besonders bei mir als visuellen Menschen) die entsprechende Kulisse, die auch von der Kleidung und der Ausstattung der Charaktere meiner Mitspieler und der NSCs geprägt wird. Dabei ist klar, dass Adlige als besondere Charakter einer doch meist als Lehnswesen organisierten Welt eine besondere Stellung haben, die sich auch in der Darstellung Ausdruck verleihen muss. Das betrifft sowohl die Ausstattung, als auch die besondere Verantwortung gegenüber Mitspielern (im Besonderen der eigenen Gruppe) und die Art der Darstellung.

Nicht nur bei der Kleidung und Lagerausstattung hat sich der Anspruch meinem Empfinden nach geändert, sondern auch in der rollenspielerischen Darstellung. So sind die ritterlichen Tugenden, das höfische Benehmen, die ehrenhaften Turniere mit Tanzbällen und die Minne in der Ritterdarstellung in den letzten zehn Jahren zunehmend wichtiger geworden. Damit eine Ritterlichkeit, die meiner Einschätzung nach in ihrer Ausgestaltung vornehmlich auf dem Spätmittelalter und seiner Verklärung in der Romantik fußt. Der Ritter als strahlende Heldenfigur und Sinnbild einer ganzen Epoche.

Als mein Mathras 2004 seinen Ritterschlag erhielt war der Standard – zumindest in meinem Larpumfeld -, was die Darstellung eines Ritters anging, ohne sonderliche Anforderungen. So habe ich ihn, auch auf Grund von finanziellen Engpässen, einige Jahre gespielt. Erst 2007 erhielt er – zum Portfest in Yddland – eine neue Kleidung, was auch die ersten Selbstnähversuche in unserem Haushalt darstellten. Doch schon damals habe ich auf verschiedenen Cons, die auch außerhalb des eigentlichen Larpumfeldes lagen, und im Internet andere Ritter mit ihrem Gefolge gesehen, deren Standard höher als das war, was ich damals realisieren konnte.

Dass ich Mathras mehrere Jahre nicht mehr gespielt habe, hing auch stark damit zusammen, dass ich nicht in der Lage war (und bin) einen Ritter zu verkörpern, wenn ich mich auf Grund meiner Kleidung und Ausstattung nicht als Ritter fühlen kann. Nie haben mich andere Ritter deswegen geschnitten oder nicht mit mir gespielt, oft haben sich sogar größere Kontingente auf einem Con meinem Befehl unterstellt (nur weil ich Ritter war) – aber meinem eigenen Anspruch an die Darstellung konnte ich nicht mehr genügen. Daher habe ich im Herbst 2008 Mathras eingemottet. Bis er 2013 mit neuer Kleidung seine Auferstehung hatte, wenngleich ich bis auf eine Ausnahme seitdem nur auf dorlónischen Cons war.

2016-10-26_mathras_wandel_0

Die ganze Zeit, bis eigentlich vor wenigen Wochen, war die oben beschriebene bzw. angedeutete Darstellung, Kleidung und Ausrüstung der Larp-Ritter bzw. ihr Standard und der damit einhergehende Anspruch das Ziel, das ich erfüllen wollte. Eine Art Idealbild, das ich immer erreichen wollte, aber nie erreicht habe. Dazu zählte auch, dass ich mich nicht nur grob an eine historische Epoche (in meinem Fall das Hochmittelalter) orientierte, sondern bestrebt war diese mit Kleidung und Ausstattung möglichst 1:1 zu übernehmen. Ich fing an über ritterliche Tugenden nachzudenken und habe sogar mal angefangen ein entsprechendes Schriftstück zur Gründung eines entsprechenden Rittersbundes zu schreiben (was man halt so macht, wenn man eine fixe Idee, zuviel Begeisterung und doch irgendwie zuviel Zeit hat).

Ich glaube, dass man bei meinem Beitrag „Ritter auf Reisen“ schon langsam gemerkt hat, dass ich von diesem Idealbild der Ritterdarstellung gerade abrücke. Schritt für Schritt, aber stetig. In besagtem Beitrag habe ich mich gefragt, ob der Standard von Adelsgruppen bei der Lagerausstattung auch mein Standard sein muss. Ob ich den Aufwand OT treiben möchte (als Burnoutler sollte man sich solche Fragen durchaus auch stellen) und ob er wirklich sein muss. Aber auch, ob er Intime wirklich schlüssig ist und zwingend für eine schöne Spielatmosphäre erforderlich ist – oder diese sogar behindern kann (wie gefühlt beim Chaos 8).

Indessen hat sich meine Fragestellung zur Lagerausstattung ausgeweitet auf die gesamte Darstellung als Ritter. Auch auf seine Kleidung, seine Ideale und Tugenden. Dabei treibt mich die Frage um, wie weit ich von den oben beschriebenen und zumindest gefühlt postulierten Ansprüchen und Standards der Adligen- bzw. Ritterdarstellung im Larp abweichen kann, ohne im schlimmsten Fall nicht mehr als Ritter wahrgenommen zu werden.

Der Grund liegt dabei in dem Charakter und seiner Geschichte, aber auch in seiner Herkunft – von Geburt als auch vom Reich Dorlónien. Denn viele Sachen in der Darstellung, die ich oben noch im Bereich des (zumindest gefühlten) Standards genannt habe, passen einfach nicht zur Person als auch nicht zu seinem Hintergrund.

Er ist nicht von adliger Geburt. Sein Vater war Rüstungsschmied. Er hat als Waldläufer in einem Krieg gekämpft, bevor er auf Reisen ging. Dann war er Söldner, bevor er die Dorlónier traf und Leutnant in der Armee wurde. Auch nach seinem Ritterschlag ist er in vielen Dingen in erster Linie ein Soldat geblieben. Dazu kommt, dass Dorlónien ein raues Land ist, dessen Menschen im ständigen Kampf wider das Zwielicht gar keine Zeit haben sich mit höfischen Etiketten aufzuhalten. Auch die meisten Ritter nicht. Besonders nicht der Ritter, dessen Mark Kriegsgebiet ist.

Warum sollte Mathras einer Frau Honig um den Mund schmieren, wenn man sie eh nie bekommen kann. Damit fällt der Minnedienst weg. In seiner Mark im ständigen Kampf gegen Orks – warum sollte man dann noch zum „Vergnügen“ mit der Waffe in den Ring steigen, anstatt die freie Zeit zu genießen. Auch wenn er weiß, dass er als Ritter einen besonderen Stand hat, kann er bis tief in die Nacht mit den einfachen Soldaten trinken. Aus Erfahrung vertritt er die Ansicht, dass man Kämpfe durch Siege gewinnt und nicht durch Ehre (Ehre ist eine tolle Sache, aber im Kampf selbst zählt der Sieg). Anders gesagt: Mathras ist ein Ritter, der mit den im Larp oft anzutreffenden ritterlichen Tugenden eigentlich wenig im Sinn hat.

Sicherlich gibt es Ritter, die den derzeitigen Standards nicht entsprechen. Dazu zählen sicher auch Einige, die diese Standards gar nicht wahrnehmen und/oder denen es egal ist, ob sie (von Dritten als auch von den eigenen Leuten) als Ritter wahr oder ernst genommen werden. Es wird aber sicher auch gute Ausnahmen geben. Und das ist auf dem Weg, den ich gerade in der Überlegung meiner Ritterdarstellung, mein Ziel. Eine gute Ausnahme zu sein.

Aber es bleibt die Skepsis, was geht und was gar nicht geht. Was ist die Kür und was ist die Pflicht in der Ritterdarstellung? Und dazu würde ich mich über Deine Meinung (gerne hier unter dem Beitrag in den Kommentaren) freuen. 😉


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23 Gedanken zu „Die Ritterdarstellung

  1. Hallo mein Lieber,
    Wie du zunächst mal korrekt schreibst, ist die Darstellung von Rittern im LARP vor allen Dingen verseucht von den Vorstellungen des Mittelalters, welche in der Romantik aufkamen. Sie habe absolut nichts mit mit der hochmittelalterlichen Realität zu tun. Eher das Gegenteil ist der Fall. Im deutschen Reich haben wir das Reisekönigs- und Kaisertum. Gepaart mit den ständigen Streitigkeiten zwischen den einzelnen Landbesitzern und zwar auf allen Hierarchieebenen. Selbst der Kaiser muss sich ständig der Loyalität seiner Fürsten und damit deren Vasallen versichern. Er ist nur de jure der Führer des Reiches. Steigen wir aber nun die Lehnsleiter herab und betrachten den Ritter. Er ist die unterste Sprosse des Adels und im Grunde nichts Anderes als ein Grundbesitzer mit an das Land gebundenen Arbeitskräften. Je nach dem wie groß das Gut ist oder wie viele Güter zu seinem Lehen gehören, ist er hier gezwungen selbst mit anzupacken. Er wird wohl keinen Mist schaufeln, aber durchaus mal die Pferde säubern oder bei einer Gebäuderenovierung mit anfassen.
    Gerade vor deinem familiären Hintergrund kann ich mir gut voratellen, dass Mathras bei der Arbeit an der Esse mal eine Art „meditative Entspannung“ suchen wird. Nochmal ehrliche Handwerkskunst, etwas erschaffen, die Verbindung mit dem echten Leben nicht verlieren… So in der Art.
    Ich weiß zu wenig über Dorlónien und nicht zuletzt Orktrutz um eine Aussage über die Lebensumstände dort zu sagen. Aber ich glaube der Vergleich mit den Herren des nördlichen Englands, also an der schottischen Grenze jener Zeit wagen zu können. Diese waren, bis auf wenige Ausnahmen, im Reich der Plantagenet verschrien als besonders verroht und „kulturlos“, stammten sie doch in der Regel noch von den Ursprünglich eingefallenen Nordmännern ab, welche ein paar hundert Jahre die Insel unsicher gemacht hatten. Man darf aber mit Sicherheit sagen, dass einem solchen Mann niemand seine Ritterschaft abgesprochen hätte (oder nur sehr kurz). Die Ausstattung solcher Männer war nicht von Reichtum, sondern von Pragmatismus geprägt, denn die hohen Rüstungsausgaben ließen einen verschwenderischen Lebensstil nicht zu. Man muss immer Bedenken, dass ein Mann in Waffen (Berufssoldat) 80 – 100 „produktive“ Menschen benötigt um sich und seine Ausrüstung auf Vordermann zu halten. Ein Ritter ist also für sich schon unglaublich kostspielig. Wozu dann einen Brokatmantel kaufen, wenn man dafür einen neuen, besseren Sattel kaufen kann.
    Ritterlich Tugenden: Alles Quatsch. Gab es nicht. Die viel gerühmten Tugenden sind ein reines Hirngespinst. Die einzigen Ritter, die so etwas wie Benimm- und Lebensregeln hatten waren die Christlichen, und deren Regeln waren nun mal geprägt vom christlichen Glauben.

    Zum Schluss noch ein Beispiel für einen Zweifelsfrei nachgewiesenen echten Ritter ohne Pomp und Glorienschein: Götz von Berlichingen. Zugegeben nicht die richtige Zeit, aber durchaus ein gutes Beispiel Ritter mal ganz anders…

    1. Hallo Jörg,
      vielen Dank für Dein Kommentar.
      Dass die Geschichten und die Erscheinung von Rittern in unserem Kopf eher von Sagen, Legenden und der Romantik geprägt sind und damit nicht im Einvernehmen mit der historischen Richtigkeit stehen ist sicherlich vielen klar. Das ändert aber Nichts daran, dass es gerade diese Vorstellung ist, auf denen das Ritter-Klischee aufbaut und damit als Standard im Larp Fuß gefasst hat.
      Da die dorlónischen Ritter als Reichsritter den Hochadel des Landes ausmachen sehe ich Mathras jetzt nicht bei der Arbeit im Stall, auch wenn Du grundsätzlich Recht hast. Daher hatte ich mich aber schon eher an das Hochmittelalter orientiert, in dem z.B. die Minne und die Turney noch gar nicht verbreitet war.
      Aber eigentlich will ich mit meiner Darstellung auch weg von dieser starren Ausrichtung an der Historie. In den letzten Jahren ist die historische Darstellung im Larp immer wichtiger geworden und hat sichre auch zu einer Verbesserung in Ausstattung und Spielumfeld geführt, aber letztendlich mache ich kein Reenactment. Daher muss auch meine Darstellung nicht zwingend historisch begründet werden.
      Es stellt sich mir daher primär die Frage, ob und wie stark ich mit einer Ritterdarstellgung vom entsprechenden heutigen Standard des Klischee-Ritters abweichen kann ohne negativ aufzufallen und (auch mir selber) Spiel zu verbauen.
      Aber Dein Beispiel für die Ritter im Grenzgebiet zu Schottland geben trotzdem ein gutes Beispiel und Bild ab für die Darstellung eines Orktrutzer Ritters. Da werde ich noch mal etwas recherchieren (denn als Grundlage für Überlegungen ist die Historie super – nur will ich dort stärker weggehen, als ich das in den letzten Jahren gewagt hätte).

  2. Moin,

    da gebe ich doch gerne meinen Senf ab 😉
    Es stimmt sicherlich das es viele Darstellungen gibt die sich auf das romantische Ritterbild beziehen, welches du beschreibst. Larp lebt eben von Stereotypen und das ist neben dem „Raubritter“ wohl der bekannteste. Den „romantischen“ Ritter habe ich aber tatsächlich nur selten in einer Reinform erlebt.

    Ein Charakter ist ebenso wie der Spieler am Ende nur ein Mensch und kann nicht perfekt sein. Entsprechend haben doch irgendwie alle einen Schwerpunkt im Idealbild eines Ritters gewählt. So wie ich deinen Beitrag oben lese hast du das mit Mathras gemacht. Das Militärspiel und der Schutz der Schwachen.

    Neben den zahlreichen Rittern die doch eher romantisiert wirken, gibt es aber auch immer mehr Darstellungen die sich eher auf die Schattenseiten des Ritterdaseins beziehen (tatsächlich häufig eher im historisierenden Bereich). Da sind mir in den letzten Jahren z.B. Fehderitter, Soldritter und Raubritter begegnet oder einfach nur Ritter die Arschlöcher sind.

    Es gibt also sicherlich auch gute und glaubhafte Ritterdarstellungen, die sich von dem Idealbild entfernen, die auch als solche wahrgenommen werden. Logisch muss dann auch etwas das drum rum stimmen (z.B. Gewandung und Gefolge), aber das passt bei dir ja auf jeden Fall.

    Klar ist in meiner Sicht dann aber auch, das sich das Spiel dann etwas anders gestaltet. Ein Raubein würde ich natürlich eher in militärischen Belangen anspielen, anstelle von diplomatischen Verwicklungen. Aber auch das ist eine Frage von Fall zu Fall.

    1. Hallo Steffen,

      Danke für Deinen Kommentar, aus dem ich auch gerne in meinem neuen Blogbeitrag (http://www.swashbuckler.style/2016/10/ritterdarstellung-was-macht-mathras-aus/) zitiert habe. Hinsichtlich Deines letzten Absatzes möchte ich noch ergänzen, dass ja auch ein Larp-Charakter nicht eindimensional und nur auf eine Sache festgelegt ist – so wie das OT bei uns ja auch ist. Jeder hat mehrere Talente in unterschiedlicher Ausprägung und halt Sachen, die er einfach unter keinen Umständen machen würde oder nur unter großer Überwindung. Was dann wieder Schwächen sind, die einen Charakter oft viel stärker bestimmen als die Stärken. Darüber werde ich auch mal nachdenken müssen …

      Liebe Grüße, Hagen.

  3. Mir geht es wie Steffen,

    ich kann zum Beispiel den, in meinen Augen, manchmal überzogen romantisch gespielten Rittern nichts abgewinnen die springen müssen, sobald die anwesende Damenschaft pfeift. Auch Rittercharaktere haben einen Alltag und je nach Konzept sitzen Ritter mit wenig Besitz eben auch mit ihren Gefolgsmännern am Tisch, wobei man da immer schauen sollte, dass der Standesunterschied weiterhin deutlich erkennbar wird. Und wenn man es nur daan unterscheidet, dass der Ritter sich nicht selbst Bier einschenkt bzw. dass er am Kopf des Tisches sitzt. Ohne diese Unterschiede wird der Ritter wieder zum einfachen Kriegsknecht, der sich nur dann auf seinen Stand besinnt, wenn es ihm passt. DIe Ritterwürde ist aber eben auch im Alltag immer eine Verpflichtung und nicht nur Privileg. Deswegen mag ich die, grade bei uns Histospacken häufiger auftauchenden, eher alltagstauglichen Ritter, für die Krieg ein Teil des Berufes ist und die sich nicht viel um höfisches Geschranze scheren, sondern tun, was sie über den nächsten Winter bringt. Grade im Umfeld des Turniers von Feuer und Phönix gibt es da einige wirklich schöne Beispiele mit einigen Rittern wie dem Bastard de Bois, dem alten Thegenhart, Stotzheim oder ähnlichen FIguren, die gerade aufgrund ihrer „Normalität“ einen erinnernswerten Charakter entwickeln. Und da werden dann eben auch Turniere relevant, weil sie potentiell Preisgelder bringen, den eigenen Namen bekannt machen und den eigenen Status unter den anderen Rittern heben.

    In meinen Augen sollte ein Ritter nie nur ein Soldat mit Titel sein, aber eben auch keine Hofschranze. Eben eher das Motto „Adel verpflichtet“.

    Vom Thema Kostüm rede ich dabei gar nicht, das ist eine ganz eigene Baustelle.

    1. Danke, Gregor. Ich habe einfach das Gefühl, dass diese Hofritter einfach immer mehr werden und indessen stark das Bild der Ritter prägen. Wobei das auch nur gefühlt so sein kann, weil man halt viele Fotos von Turniercons u.ä. sieht, auf denen dann die schön herausgeputzten Adligen zu sehen sind.

  4. Ich empfinde es in etwa genauso, dass ein bestimmter Gestaltungsdruck für die Darstellung eines Ritters existiert und eben auch im Vergleich zu „früher“ (Wobei ich auf Grund meiner kurzen Larperfahrung nur indirekt darüber urteilen kann) deutlich gehoben ist. Ich finde das auch nicht schlecht, zwingt es doch eben zum genauen abwägen und überdenken der Idee. Ich hab meinen Bastard-Ritter nach einer Con auch erst einmal auf Eis gesetzt, habe jetzt eine für mich und ihn passende Rüstung zusammen und habe für nächstes Jahr zumindest einen größeren Grundstock an Kleidung in Planung, von Lager und Gefolge reden wir noch gar net, aber dafür ist er ja eben nur ein „Bastard“, der sich als Soldklinge verdient.
    Eben genau das ist auch der Punkt, wo man, neben den oben schon genannten historischen und weniger romantischen Parallelen, meiner Meinung nach viel Möglichkeit für Spiel und Darstellung fernab des strahlenden Helden sorgen kann, gerade da ja inzwischen viele Cons nicht mehr nach festgefahrenen Regelwerken mit umständlichen Heldenerstellungen arbeiten. Ein andernorts gesuchter Raubritter, oder im Fall von DSA beispielsweise ein bornischer Brückenbaron, kann, wenn man es eben aktiv ins Spiel bringt, durchaus schöne Interaktion generieren. Ebenso ein um sein Erbe betrogener Junkerssohn, der die Gelegenheit nutzen und Helfer für die Rückerlangung „seines“ Gutes suchen will.
    All diese Konzepte basieren dann auch in der Kleidung und Darstellung eben auf einem Ritter, aber können ihn durch Dreck und Abnutzung, bestimmte Verhaltensweisen (oder den Mangel daran) gezielt verfremden. Man muss dabei aber eben immer im Blick haben, dass es nicht nur wie ein „Ritter gewollt, aber nicht gekonnt“ wirkt. Inzwischen kann man sich durch Flohmarktgruppen und online-Bastel-Anleitungen für recht wenig Geld mit einem Grundstock ausrüsten, der nicht nach Mytholon aussieht und auch ein bestimmtes Level von Verschleiß mitbringt.

    Auch die Idee, die eigen ritterlichen Tugenden und Ideale eben nicht an der historischen oder auch (wie eben bei DSA) systeminternen Idealvorstellung, sondern am Background und Status zu orientieren, finde ich einen wichtigen Punkt. Gerade die von dir angesprochene Minne, mag dem Pragmatiker nicht zusagen, dafür aber eben der Schutz der Schwachen um so mehr etc. Aber auch hier ist es eben wichtig, die Gründe dafür ins Spiel zu bringen, sei es auch nur in Halbsätzen, damit eben erkannt werden kann, dass sich Gedanken gemacht wurden.

    1. Genau das ist der Ansatz: ich möchte einen Ritter spielen, der als Ritter erkennbar ist, ohne aber zwingend dem (gefühlten) Standardritter zu entsprechen. Weil Mathras halt von seinem Hintergrund nicht „Standard“ ist und auch weil der dorlónische Hintergrund – wie auch die die damit in Verbindung stehende Spielergruppe – nicht diesem Standard entspricht.

      In meinen Augen erscheint es nicht richtig den Hintergrund des Charakters außer Acht zu lassen oder bis zur Unkenntlichkeit zu verbiegen, nur um in das aktuelle Ritterbild zu passen. Denn dann ist es nicht mehr Mathras. Auch zu sagen, dass man den Charakter nicht mehr spielt, weil er nicht ins klassische Ritterbild passen sollte, ist irgendwie auch keine richtige Alternative.

      Jetzt muss ich nur überlegen, wie ich diese Anderartigkeit so für die Mitspieler erlebbar und erklärbar mache, dass man mich von Beginn an als schlechte Ritterdarstellung abstempelt. 😉

  5. Die Pflicht ist es, sich mit den Klischee zu beschäftigen und es zu kennen. Die Kür ist es, davon dann gezielt abzuweichen um einen Charakter zu formen.

    Wenn du weißt, dass ein Ritter „normalerweise“ schick aussieht, viel Rüstung hat und mit Gefolge rumläuft, dann kannst du auch explizit nen „armen Ritter“ spielen der nur schlechte und weniger Rüstung hat und kein Gefolge. Oder nen „Neuritter“, der eigentlich aus bäuerlichen Verhältnissen kommt und erst zum Ritter durch seine Taten geschlagen wurde. Wieviel Bauer steckt noch in ihm. Wie sehr hat er es sich gewünscht „dazu zu gehören“? Wurde er durch den realen Kontakt mit den Kreisen vllt. aus seinen Träumen geweckt und steht dem ganzen jetzt zynisch gegenüber? Und auch wenn er auf den ersten Blick nicht erkannt wird (oder werden soll) kann man da ne ganze Menge Spiel draus machen.

    1. Auch wenn Mathras mit dem Lehen (wenngleich Kriegsgebiet und sicher nicht sonderlich einträglich) und der Zeit seit seines Ritterschlages nur schwer als „armer Ritter“ und „Neuritter“ durchgeht, stimme ich Dir zu. Über die Frage, wie er zu den „Alt-Ritter-Kreisen“ steht werde ich aber sicher noch mal nachdenken …

  6. Suche nicht Begründungen, warum du bestimmte Dinge NICHT erfüllen musst/willst. Erklär doch lieber, welche ritterlichen Dinge du stattdessen besonders gut erfüllen möchtest.
    Ich lese im Text nur „Ich möchte diese ritterliche Eigenschaft nicht haben, ich will jene ritterlichen Pflichten nicht erfüllen.“
    Begründungen lassen sich für jeden Unfug zusammenzimmern, machen aber ein Charakterkonzept nicht besser.

    Was genau macht deinen Charakter denn im Spiel (NICHT: Hintergrund!) zum Ritter? Durch welche Spielelemente können deine Mitspieler erkennen, dass du ein Ritter bist und nicht irgendein Soldat?
    Oder auch: Warum genau spielst du einen Ritter? Nur, um dich „Ritter“ nennen zu können?

    Ich denke nicht, dass man sämtliche anderen Mitspieler auf dem Con an Ausstattung übertrumpfen muss dafür, das ist oft gar nicht möglich (gerade wenn ich sehe, was große Gruppen auffahren können – das ist als Einzelperson oder mit einer Handvoll Mitspieler einfach nicht machbar).
    Aber wer eine besondere, „herausragende“ Rolle spielen will, muss auch etwas dafür tun.

    Wenn man die meisten „Anforderungen“ oder Klischees für seinen Charakter ablehnt, ist es u.U. ratsam, den Ritter-Aspekt nur auf internen Cons zu bespielen, wo das sehr gut funktionieren dürfte. Auf anderen Cons könnte das schwierig werden.
    Pauschal lässt sich die Frage nicht beantworten, auf wieviel Klischee man problemlos verzichten kann, weil die Variationen (mehr von dieser, dafür weniger von jener Eigenschaft) zu groß sind.

    1. Das finde ich einen sehr wichtigen Punkt: Eine Rolle nur durch das zu definieren, was man nicht macht, funktioniert eigentlich nie gut. Man braucht klare Dinge, die man macht und vor allem anders macht als alle anderen.

  7. Servus Hagen,
    ich kann nur sagen: Mir ging/geht es genau wie Dir.
    1999/2000 reichte noch eine schöne Rüstung, um prachtvoll aufzutreten. Um 2008 herum war es damit dann endgültig vorbei, als viele der alten Reiche ihren Adel ausbauten und Adelscons häufiger wurden, das Ganze auch befeuert durch die Turniertage.
    Plötzlich kam ich mir schäbig vor, mit meinen doch etwas altbackenen Sachen. TShirts unter der MA-Hemd, speckige Lederhose … nicht mal als Veteran wurde man da noch richtig ernst genommen.
    Statt einzumotten hab ich damals Gas gegeben, das Ergebnis hat Deine Frau ja am Wochenende gesehen, ich bin inzwischen ja wieder präsenter.
    Aber in der Tat frage ich mich auch seit zwei Jahren immer öfter, ob’s das wirklich bringt. Der Aufwand wird immer grösser, inzwischen das Ritterlager nur noch mit Anhänger transportierbar und der auch schon wieder zu klein.

    Und anstatt das zu tun, das ich am LARP so liebe, weswegen es hobbymässig die Liebe meines Lebens ist, nämlich mit anderen versifften Abenteurern Orks und Untote erschlagen, durchs Unterholz kriechen, Dungeons (un)sicher machen oder mich von dorlonischen Geistern mit Geistergold verfluchen lassen … das kommt alles viel zu kurz. Plötzlich bin ich nur noch auf Turnieren, Bällen oder Schaulaufen-Cons wie DF/CoM.
    Die machen auch Spaß, klar. Gerade letztes WE mal wieder ganz grosses Kino.
    Aber ich fahre nach Hause mit all den tollen Eindrücken, Gedanken an all die Freunde und guten Gespräche und es bleibt etwas leer.
    Und ich frage mich: Muss das alles sein? Warum „MUSS“ ein Ritter/Adliger ein Gefolge haben? Wer hat denn DIE bekloppte Regel erfunden? Ging früher auch ohne und war cool. Warum „MUSS“ ein Ritter heutzutage dies und sell und jenes am Start haben? Oder besonderen Tugenden entsprechen?
    Warum werden plötzlich Treueeide/Vasallenschwüre so betrachtet, als wäre es ein Seelen-Blut-Pakt des siebten Kreises? Wo bleibt denn bitte an DER Stelle der historische Anspruch? Ein bischen mehr Realpolitik bitte!
    Einerseits wird immer mehr wert auf historische Authentizität bzw MA Pompösität gelegt, aber andererseits geht genauso der Hollywood Charakter vollgas durch.
    Passt natürlich zur heutigen Neigung, alles in Schwarz oder Weiss aufzuteilen – im LARP nur leider an der falschen Stelle. Das ist aber eine andere Diskussion.

    Ich bin jedenfalls erfreut, das ich mit dieser Empfindung nicht der Einzige bin und gerne mal wieder etwas vom Gas gehen würde.

    LG und ein herzhaftes dorloniz da viken viken,
    Fridolin

    1. Hallo Fridolin,

      ich freue mich, dass ich mit der Empfindung und den Gedanken nicht alleine bin.

      Generell habe ich das Gefühl, dass das Angebot für Cons, in denen man mit seinem Ritter einfach mal wieder Ritter in einer Schlacht oder auf einer Queste sein kann, auch stark zurück gegangen ist. Dafür gibt es ein immer größeres Angebot an Turnieren und Hoftagen. Zumindest mein subjektiver Eindruck.

      Aber wegen der dorlónischen Geister und dem Geistergold bin ich jetzt doch neugierig … 😉

      Liebe Grüße, Hagen.

    2. Ja ich gebe in vielen Punkten dem guten Herrn Weriand recht.
      Vielleicht ist es an der Zeit sich auch in der Darstellung mehr den Gegebenheiten anzupassen und damit auch offener umzugehen. Ich bin gerne mal Hofdandy mit Luxusanspruch und Minnedienst etc.
      Genau so gerne gehe ich als Ritter auf Abenteuer und Schlachtencons da verzichte ich mit der Begründung:Es ist Krieg! Dann auf Luxus.

      1. Zum einen kann man sich ja aussuchen auf welche Cons man geht. Wenn man Hofhaltung und Etikette blöd findet ist es irgendwie kontraproduktiv sich auf einem entsprechenden Con anzumelden. Außer man möchte gerade mit dieser „Lücke“ des eigenen Charakters spielen und Spiel generieren.

        Ich habe es an anderer Stelle schon mal geschrieben: Schwächen sind für einen Charakter oft wichtiger als Stärken. Bei Rittern wird aber oft nur nach Stärken gefragt und gesucht, weil sie ja so einen Vorbildcharakter haben sollen. Und auf Grund der romantischen Vorstellung auch haben. Ich glaube man sollte sich davon lösen und auch den Ritter als Mensch erkennen, der sicher auch einige ritterliche Dinge nicht oder nur schlecht kann.

        Letztendlich entspannt das sicherlich, fördert aber auch das Spiel.

  8. Ein großartiger Post und eine fantastische Diskussion! 😀

    Erstmal teile ich wie viele hier den Eindruck, dass darstellerisch in der Szene das Adels- und Ritterspiel krass Gas gegeben hat. Ich habe mich dieses Jahr mit viel Bastel- und Geldaufwand wieder etwas repräsentativer gemacht, aber neben Marturien, Aturien, Bretonien oder Galladoorn komme ich mir fast schäbig vor (ich komme mir ständig wie unteres Mittelfeld vor). Trotzdem habe ich Spaß an und bin zufrieden mit meiner Ritterdarstellung, auch wenn immer Platz nach oben ist. Der finanzielle und zeitliche Rahmen meines Hobbys lässt sich gut mit dem Hintergrund- und Darstellungsrahmen meiner Ritters verbinden. Und solange ich kein Fürst, Graf oder Baron bin, geht diese Rechnung noch auf. 🙂

    Meinen Vorrednern stimme ich zu: Die eigene Ritterrolle muss erkennbar sein und im „allgemeinen“ Stereotyprahmen entweder passen oder gezielt brechen. Ich denke, der Rahmen des Ritterstereotyps ist bereits ein weites Feld, wo alle möglichen Schwerpunkte zwischen verschiedenen Spielarten von Höfischkeit und Kriegsveteran möglich sind. Ich kenne genauso viele höfische Ritter, die wie ich Kunst, Benimm und Eitelkeit hochhalten, wie soldatische Ritter (mit Wappentier Frontschwein), die grob, stark und direkt sind. Dazwischen gibt es eine Menge Graustufen.
    …der verständige, ruhige, aber nicht klassisch gebildete Ritter vom alten Schlag, der als Ablenkung von der alltäglichen Arbeit und Kampf um den Hof die Schönheit von Festgewändern, Musik und Reigentanz schätzt, obwohl er diese nie reproduzieren kann.
    …die abgebrühte Turnierritterin mit hochadeligem Blut, die von Turnierpfänden lebt und mit eiserner Härte jeden Kontrahenten in den Dreck prügelt, während sie das Tamtam um Minne und Bälle ignoriert.
    …die harte aber warmherzig-zugängliche Exsoldatin mit Etiketteschwäche, der für ihre Lanze sterben würde – und umgekehrt.

    Die sind alle erkennbar und bereichern den Ritterkosmos. 🙂 Geil ist, was Spaß macht, egal ob es aus a) Fantasyklischees kommt, b) (Pseudo-)Historik oder c) romantisierten Stereotypen. Ich selbst mag c) mit einer Prise b). Aber da sollte keiner praiotischer als der Bote des Lichts sein.

    Übrigens fand ich deine Ritterdarstellung immer sagenhaft. Toll geplant, schön ausgeführt, einfach präsent. Auch wenn das gemeine Turnier als Jahrmarkt der Eitelkeiten nicht ideal zum Orkenrtrutzer Frontkeiler passt, würde ich mich total über seine Erscheinung und das Spiel mit ihm freuen. Hickhack zwischen Hardlinern wie Ulath oder Elias mit Schranzen wie Albrecht hat fast schon Tradition, würde ich sagen. ^^

    Liebe Grüße

    Uli (Albrecht von Eichengrund)

    1. Danke für Deine Worte, Uli.
      Zum Einen, weil es gut tut, dass man nicht der Einzige ist, der ständig an der Darstellung feilt und sich trotzdem immer wie Mittelmaß fühlt. Und das von Jemanden wie Dir … 😉
      Danke auch für Dein Kompliment – und ich freue mich schon darauf, wenn unsere Charaktere sich mal kennen lernen …
      Liebe Grüße, Hagen.

  9. Guten Tag zusammen,

    Ich bitte folgende Themen getrennt voneinander zu betrachten:
    1. Immersion durch äußerliche Darstellung
    2. reale Rittergeschichte versus LARP-Ritter (und dessen Hintergrund)
    3. eine eigene Rittersparte in der Masse der Ritter finden

    Zu 1.
    Wir alle leben mit dem Wunsch nach kognitiver Konsonanz:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz
    Das, was wir sehen, wollen wir verstehen und richtig deuten können.
    Das ist der Grund, weswegen im LARP so viel auf Äußerlichkeiten gegeben wird: Ein Highendsuperpowermagier im Piratenhemd und Lederschnürhose sieht nicht nach so einem aus und wird deswegen (außer von seinen langjährigen Kumpanen) auch nicht so angespielt. Und ja, noch schlimmer: Als solcher nicht ernst genommen. Denn im Sinne der „Wahrheit“: Er ist so mächtig, das er zum Spaß Drachen reitet, kann oder will sich aber kein sauberes Hemd leisten? ergo: Wie mache ich das nach?
    Sinnvoller ist: Wie war es in echt? ->Antwort: Total unterschiedlich! ergo: Wie will ich eine Ritterdarstellung denn in meinem Hintergrung aussehen lassen? Was ist in meinem Hintergrund logisch?
    Und erst dann kommt die Frage: Wie steht mein Char zu der Ritterdarstellung seines Hintergrundes / Landes?
    und somit kommen wir

    zu 3.
    Ein Ritter sollte eine ritterliche Vertretung seines Landes sein. Was das im Spiel heißt, ist völlig unterschiedlich:
    Ein aturianischer Ritter als Ritterideal versus ein Yddländer Ritter: Eher Haudrauf und Kumpel.
    Diese beiden Bilder passen in den jeweiligen Hintergrund und als solche stimmig.
    Nachdem also die Frage „Was macht einen Ritter aus meinem Hintergrundsland aus“ geklärt hat (in Galladoorn bspw. sind die Sporen keine ritterliche insignie weil es den reitenden Kämpen dort nicht gibt (Folge aus der LARPrealität (und ein Beispiel für ritterliche Besonderheit durch Hintergrundsland))), kann man sich die Frage stellen, wie der eigene Charakter zu solchen Idealen steht: Stimmt er voll zu, lehnt er voll ab, übernimmt er welche?/Teile?

    Zum Schluss noch meine Meinung:
    – ein Ritter, welcher nicht als solcher zu erkennen ist, sollte nicht ot beleidigt sein, wenn er nicht als solcher angespielt wird. Ritterliche Insigien und Aufreten vereinfachen die Darstelltung. Trotzdem gilt/muss gelten: Gute Spielweise schlägt gute Ausrüstung (da ansonsten die geldloseren unter uns keine reichen Charaktere /Adeligen spielen dürften und das ist entgegen meiner Lebenseinstellung)
    – ein Ritter ohne Gefolge geht, ist aber für den Ritter selbst meistens unangenehm und wirkt „unlogisch“, da er viel Ausrüstung hat, welche gepflegt, transportiert, an- und ausgezogen etc. werden will. Abgesehen davon sieht es auch ein wenig hungerlos aus. Und alleine spielen ist meist nicht die Folge aus geiler Ausrüstung, sondern die der mangelnden Spielart/-fähigkeit, …
    – es tut mir leid, aber nun wird es persönlicher: Einen Ritter, der bis morgens mit seinen Soldaten säuft habe ich schon sehr oft gesehen und ist mMn keine kreative Abgrenzung zu anderen Ritterrollen, sondern eher eine Standardverhaltensweise („ich bin der geile Soldatenritter!“ <- war auch mein erstes Char-Konzept!) und oft eine fehlende Abgrenzung des Spielers: Er will eben auch bei der lustigen Runde dabei sein.
    Das klappt mMn fast nie: in der Tat kenne ich nur einen einzigen Ritter, bei dem es geklappt hat und den bewundere ich aus der Entfernung immer wieder wie er diese Gratwanderung betanzt.
    Denn das ist es: Eine Gratwanderung: Den Respekt zu verlangen, der einem Ritter gebührt und trotzdem mit über zotige Witze lachen (oder selber welche machen) – sehr schwierig, weil es die anderen it kaum verstehen können.
    Denn, bitte nicht vergessen: In einer gutgespielten Standeslosenrunde wird es keine zotigen Witze mehr geben, wenn der Ritter dazukommt. Dann schweigt das Gesunde still, bis dieser wieder gegangen ist. Weil sie schiss vor seiner Allmacht haben. <-MEIN Verständnis des Ritter-Standeslosenverhältnisses, aber vielleicht ist das ja in einem anderen Hintergrund gaaaaanz anders…

    1. Hallo zusammen,

      mir ist gerade aufgefallen, das die Hälfte meines Kommentars nicht abgespeichert worden ist und so Punkt 1 und 2 vermischt worden sind. Ich bitte die unverdständlichkeit zu entschuldigen und werde im Folgenden es gesammelt aufführen:
      —————————————–
      Guten Tag zusammen,

      Ich bitte folgende Themen getrennt voneinander zu betrachten:
      1. Immersion durch äußerliche Darstellung
      2. reale Rittergeschichte versus LARP-Ritter (und dessen Hintergrund)
      3. eine eigene Rittersparte in der Masse der Ritter finden

      Zu 1.
      Wir alle leben mit dem Wunsch nach kognitiver Konsonanz:
      https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz
      Das, was wir sehen, wollen wir verstehen und richtig deuten können.
      Das ist der Grund, weswegen im LARP so viel auf Äußerlichkeiten gegeben wird: Ein Highendsuperpowermagier im Piratenhemd und Lederschnürhose sieht nicht nach so einem aus und wird deswegen (außer von seinen langjährigen Kumpanen) auch nicht so angespielt. Und ja, noch schlimmer: Als solcher nicht ernst genommen. Denn im Sinne der „Wahrheit“: Er ist so mächtig, das er zum Spaß Drachen reitet, kann oder will sich aber kein sauberes Hemd leisten? Das ergibt kaum Sinn…

      Zu 2.
      Die reale Rittegeschichte ist zum einen äußerst vielfälitg was den Zeitverlauf als auch was geografische unterschiede angeht. Zudem ist Sie stark christlich geprägt und so (außer von den Keriden) kaum direkt in eine LARP-Welt zu adaptieren.
      Daraus folgt:
      Sinnlos: Wie waren die Ritter in echt? ergo: Wie mache ich das nach?
      Sinnvoller ist: Wie war es in echt? ->Antwort: Total unterschiedlich! ergo: Wie will ich eine Ritterdarstellung denn in meinem Hintergrung aussehen lassen? Was ist in meinem Hintergrund logisch?
      Und erst dann kommt die Frage: Wie steht mein Char zu der Ritterdarstellung seines Hintergrundes / Landes?
      und somit kommen wir

      zu 3.
      Ein Ritter sollte eine ritterliche Vertretung seines Landes sein. Was das im Spiel heißt, ist völlig unterschiedlich:
      Ein aturianischer Ritter als Ritterideal versus ein Yddländer Ritter: Eher Haudrauf und Kumpel.
      Diese beiden Bilder passen in den jeweiligen Hintergrund und als solche stimmig.
      Nachdem also die Frage „Was macht einen Ritter aus meinem Hintergrundsland aus“ geklärt hat (in Galladoorn bspw. sind die Sporen keine ritterliche insignie weil es den reitenden Kämpen dort nicht gibt (Folge aus der LARPrealität (und ein Beispiel für ritterliche Besonderheit durch Hintergrundsland))), kann man sich die Frage stellen, wie der eigene Charakter zu solchen Idealen steht: Stimmt er voll zu, lehnt er voll ab, übernimmt er welche?/Teile?

      Zum Schluss noch meine Meinung:
      – ein Ritter, welcher nicht als solcher zu erkennen ist, sollte nicht ot beleidigt sein, wenn er nicht als solcher angespielt wird. Ritterliche Insigien und Aufreten vereinfachen die Darstelltung. Trotzdem gilt/muss gelten: Gute Spielweise schlägt gute Ausrüstung (da ansonsten die geldloseren unter uns keine reichen Charaktere /Adeligen spielen dürften und das ist entgegen meiner Lebenseinstellung)
      – ein Ritter ohne Gefolge geht, ist aber für den Ritter selbst meistens unangenehm und wirkt „unlogisch“, da er viel Ausrüstung hat, welche gepflegt, transportiert, an- und ausgezogen etc. werden will. Abgesehen davon sieht es auch ein wenig hungerlos aus. Und alleine spielen ist meist nicht die Folge aus geiler Ausrüstung, sondern die der mangelnden Spielart/-fähigkeit, …
      – es tut mir leid, aber nun wird es persönlicher: Einen Ritter, der bis morgens mit seinen Soldaten säuft habe ich schon sehr oft gesehen und ist mMn keine kreative Abgrenzung zu anderen Ritterrollen, sondern eher eine Standardverhaltensweise („ich bin der geile Soldatenritter!“ <- war auch mein erstes Char-Konzept!) und oft eine fehlende Abgrenzung des Spielers: Er will eben auch bei der lustigen Runde dabei sein.
      Das klappt mMn fast nie: in der Tat kenne ich nur einen einzigen Ritter, bei dem es geklappt hat und den bewundere ich aus der Entfernung immer wieder wie er diese Gratwanderung betanzt.
      Denn das ist es: Eine Gratwanderung: Den Respekt zu verlangen, der einem Ritter gebührt und trotzdem mit über zotige Witze lachen (oder selber welche machen) – sehr schwierig, weil es die anderen it kaum verstehen können.
      Denn, bitte nicht vergessen: In einer gutgespielten Standeslosenrunde wird es keine zotigen Witze mehr geben, wenn der Ritter dazukommt. Dann schweigt das Gesunde still, bis dieser wieder gegangen ist. Weil sie schiss vor seiner Allmacht haben. <-MEIN Verständnis des Ritter-Standeslosenverhältnisses, aber vielleicht ist das ja in einem anderen Hintergrund gaaaaanz anders…
      ————————-
      nun sollte es verständlicher sein; ich danke für den Hinweis!

  10. Zum Thema GefolgeRitter udn alltäglicher Umgang: mal den Chris Becker anhauen aka Edwin von gent. Der schafft diese Gratwanderung in meinen Augen nahezu perfekt.

  11. Ein schön geschriebener Beitrag! Ich wiederhole, der Übersichtlichkeit halber, hier einfach nochmal einen Kommentar, den ich bei Facebook geschrieben habe.
    Ich finde, bei der Ritterdarstellung gibt es ebenso wie bei so ziemlich allen anderen Larpdarstellungen einen wichtigen Punkt, den man beachten sollte:

    Wenn man sich mal den Durchschnitts-Standard-Kämpfercharakter vorstellt, hat man ja oft ein Bild vor Augen, dass wenig Alleinstellungsmerkmale hat und viel von Kompromissen bestimmt wird.
    Der hat vielleicht nur günstige Standardklamotte vom Larpdiscounter oder ein paar zweckentfremdete OT-Teile an, keine vollständige Rüstung sondern nur Kettenhemd und Wappenlappen, und vielleicht noch ein paar Blechschultern, ein Schwert aber keine Scheide dazu, und ist in vielen Aspekten des Kostüms eher billig und unspezifisch ausgestattet. Auch beim Spiel ist die Sache ähnlich: Der hat keine höfischen Manieren, aber auch kein wirklich soldatisches oder bauernhaftes Benehmen. Mit Tanz und Minne hat er nichts am Hut, geht aber gerne in die Taverne zum Biertrinken. Er ist nicht von auffällig hohem oder niedrigem Stand, kommt nicht aus einem auffällig fortschrittlichen oder rückständigen Land oder auffällig kaltem oder warmen Klima, ist nicht besonders religiös, und zeichnet sich nicht durch besondere Sitten, Gebräuche, Weltanschauungen oder Fähigkeiten aus.

    Ein „Ritter“ hebt sich jetzt optimalerweise von diesem Charakter ab: Er ist z.B. ein besser ausgebildeter Kämpfer, er beherrscht höfische Sitten und Gebräuche, er ist wohlhabend und gut ausgestattet, er hat Gefolge, er hat einen Moralcodex, und vieles andere mehr. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Ausprägungen die mehr oder weniger Wert auf bestimmte Aspekte legen, aber ein Ritter ist tendenziell um so besser dargestellt, je klarer er als Ritter erkennbar ist und sich von anderen Charakteren unterscheidet.

    Wenn man jetzt versucht, seinen Weg zu finden und seinen Charakter so zu gestalten, dass er überzeugend dargestellt ist aber trotzdem eigenständig bleibt, muss man meiner Ansicht nach aufpassen, dass man nicht wieder zurück in die undefinierte Mitte rutscht.
    Wenn man sich Charaktergeschichten von Larpeinsteigern anhört, kommt häufig etwas wie das hier heraus: „Ja, mein Ritter ist nur so ein mittelguter Kämpfer, weil er eigentlich aus dem Verwaltungsadel kommt. Außerdem ist er eigentlich von niederer Geburt und hat mit höfischen Sitten nicht viel am Hut. Dann musste er von zuhause fliehen und hat seinen Wohlstand verloren, und sich danach nochmal neu eingekleidet um nicht aufzufallen. Sein Gefolge musste er zurücklassen und schlägt sich als Söldner durch, wodurch er auch desillusioniert geworden ist und für Geld alles tut. Aber er ist ein Ritter, das ist mir sehr wichtig!“

    Wenn man bestimmte Klischees einer Rolle bricht oder abmildert, muss man dafür meiner Ansicht nach doppelten Aufwand bei den restlichen Aspekten machen, damit die Rolle immer noch eine klare Richtung hat. Wenn man bewusst einen Raubritter spielt, oder einen verarmten Ritter, oder einen Ritter ohne höfisches Benehmen, dann sollte erstens dieser Aspekt auch tatsächlich aktiv und deutlich sichtbar spielerisch ausgestaltet werden,und nicht nur aus „Nicht-Spielen“ bestehen. Und zweitens sollte der Rest dann auch besonders gut passen, damit die ursprüngliche Rolle erkennbar bleibt.

    Ich finde übrigens nicht, dass eine solche Rolle immer in Gewandungsgigantomanie ausarten muss, denn nicht immer bedeutet „mehr“ auch gleich „ritterlicher“. Aber in vielen Aspekten bedeutet „ritterlich“ für mich doch zumindest „überdurchschnittlich“.

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