Schlagwort: Diplomatie

  • An Bord der Brigg „Kraken“, 14. Tag im dritten Monat, Jahr 21 n.d.B.

    Die Kabine des Kapitäns an Bord der Brigg ist nicht nur größer als auf dem Toppsegelschoner – er hat zudem einen Vorraum und eine separate Schlafkajüte, in der seine Schwingkoje hängt. Einzig was fehlt sind die schwarzen, alptraumhaften Tentakel, die seine vormalige Kajüte geziert haben und vom dargaresischen Künstler Kyell stammen. Die an der Decke verlaufende Pinne, welche die Bewegungen des Steuerrades auf dem Oberdeck aufnimmt, stört es etwas – doch das kann man nicht ändern.

    Vor einer Woche sind die Umbauarbeiten an dem Schiff, der neuen „Kraken“ beendet worden und nun liegt sie, umgeben von einigen anderen Schiffen, am Kai von Port Libertania in der Hideaway Bay. Askir hatte die letzten Stunden die nach den Winterstürmen durch die ankommenden Schiffe übermittelten Nachrichten gesichtet, wobei vor allem die neuen Entwicklungen in Yddland seine Aufmerksamkeit banden. Es wird Zeit, dass er für die Fragen, die sich ihm dabei stellen, Antworten erhält. Ebenso über die aktuelle Situation in Dargaras, dem Land hinter dem immer löchrig werdenden Nebel, zu dem die „Knurrhahn“ vor einem Tag ausgelaufen ist.

    Ebenso hat sich die Annahme verdichtet, dass im letzten Jahr Niemand vom Blauen Drachen gerufen wurde. Zumindest Niemand, der bisher im Blauen Lager aktiv gewesen wäre. Offenbar hatten auch die anderen Drachen ihre üblichen Streiter nicht gerufen. Ein Umstand, der mehr Fragen aufwirft, als er Antwort geben würde. So bleibt nur die Spekulation, warum dies geschehen ist. Die schlimmste Befürchtung ist, dass es dem Täuscher in der ersten Drachenwelt gelungen ist die Drachen zu stürzen und seine Kreaturen ins Pantheon zu erheben. Doch es ist nicht Askirs Art sich in düsteren Gedanken zu verlieren. So blickt er hoffnungsvoll planend nach Vorne.

    „Vielleicht kommt irgendwann wieder der Zeitpunkt, an dem der Blaue Drachen wieder ruft. Alle Diejenigen, die den Wind der Freiheit atmen und das Glück hinter dem Horizont suchen. Eine Zeit, in der auch die „Kraken“-Crew mit alten und neuen Freunden streitet, feiert, kämpft, diskutiert und mit der Gier in den Augen und für die Freiheit dem Weg des Blauen folgt; das Lagerbanner voran schreitet, Shantys gesungen werden und man im „Durstigen Dolch“ mit einem Tortuga Libre anstößt. Aye, ich bin sicher, dass auch wieder solche Tage kommen werden.

    Seitdem ich das letzte Mal beim Fest der Drachen war, habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, wie der Blaue Weg zukünftig gelebt werden kann. Sowohl was er für mich selber bedeutet, nach den Jahren, in denen auch ich mich verändert und einen neuen Kurs eingeschlagen habe. Aber natürlich auch, welchen Kurs das Blaue Lager und damit die Blaulageristen im Gefüge des Drachenfestes einschlagen könnten und meiner Meinung nach sollten. Denn gerade jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um einen neuen Kurs zu bestimmen und die Segel entsprechend zu setzen.

    Es war eher Zufall, dass ich im Jahr 14 n.d.B. ein Diplomat des Blauen Lagers wurde. Zwei Jahre nach dem ersten Sieg des Blauen Drachen habe ich den damaligen Hochdiplomaten, den Chevalier, kennen und schätzen gelernt. Wenngleich er im Lager umstritten war und etliche Kapitäne ihn negativ bewerten, so war er ein Diplomat mit Visionen, an denen er mich teilhaben ließ. Seine Art ist vielen Blaulageristen aufgestoßen, doch er hat in seiner Zeit als Hochdiplomat klug und umsichtig agiert und viel für das Lager erreicht.

    Als ich Diplomat wurde hatte das Blaue Lager zwei Jahre zuvor den Sieg errungen. Es hatte sich mit dem Sieg als Lager, das auch im Wettkampf ernst zu nehmen ist und nicht auf eine Meute ständig betrunkener Piraten reduziert werden kann, bewiesen. Doch danach hatte das Lager versagt: es ist seiner Verantwortung im anschließenden Jahr die Herrschaft zu übernehmen nicht nachgekommen und hat auch seine Zusagen gegenüber anderen Lagern, im Besonderen dem Grauen Lager, gebrochen. Die versprochene Unterstützung für das Graue Lager als damals wichtigsten Bündnispartner im Jahr nach dem Sieg ist nicht erfolgt.

    Ein großer Vertrauensverlust, sowohl bei den Bündnispartnern als auch bei den anderen Lagern, war die Folge. Das war die Situation, in der ich Diplomat wurde. Sowohl die Bemühungen des Chevaliers als auch in den folgenden Jahren von mir war, dieses Vertrauen in das Blaue Lager wieder herzustellen. Es galt den anderen Lagern durch Worte und Taten zu zeigen, dass wir in der Lage und bereit sind aus begangenen Fehlern zu lernen. Dass wir zugesagte Versprechen einhalten und die Regeln des Wettkampfes beim Fest der Drachen in ihrem vollen Ausmaß anerkennen. Gleichzeitig war es aber immer oberstes Ziel, dass der Kupferne Drachen nicht als Sieger aus dem Wettkampf hervor geht.

    Die Einhaltung von Bündniszusagen gestaltete sich relativ einfach, wenngleich mit viel Zähneknirschen. Denn es gab aus dem ersten Siegerjahr noch eine Zusage an das Grüne Lager, welches in meinem ersten Jahr als Diplomat von der grünen Hochdiplomatin Juna Tunichtgut vehement eingefordert wurde. So vehement, dass ich sie gerne aus dem Lager geprügelt hätte, wenn der Chevalier ein entsprechendes Zeichen gegeben hätte. Doch wir haben uns an diese selbst auferlegten Ketten des Versprechens gehalten und den Grünen Drachen unterstützt. Zwei Jahre lang, wenn ich mich recht entsinne.

    Es war in den darauffolgenden Jahren vornehmlich unseren Diplomaten, die im Laufe der Zeit als „Blaufüchse“ zu einer Institution im Lager heranwuchsen, zu verdanken, dass wir wieder Vertrauen aufbauen konnten. Doch für den größten Beweis, dass wir den Regeln des Wettkampfs entsprechend im Jahr nach dem Sieg herrschen werden, brauchten wir einen zweiten Blauen Sieg. Das war es, worauf ich in den ganzen Jahren als Diplomat, davon ein Jahr als Hochdiplomat, hingearbeitet habe.

    Natürlich gab es auf diesem Weg Rückschläge, die uns vom eingeschlagenen Kurs abbrachten. So dass Kupfer im Jahr 14 oder 15 n.d.B. kurz vor einem Sieg stand, der vor allem durch das beherzte diplomatisch Eingreifen des Chevaliers als unseren Hochdiplomaten buchstäblich in letzter Sekunde verhindert werden konnte. Wir haben auch seltsame und unbequeme Entscheidungen treffen müssen, wobei der Vertrag mit dem Kupfernen Lager im Jahr 17 n.d.B., im Jahr vor unserem zweiten Sieg, sicher das diesbezüglich denkwürdigste Ereignis war. Von einem Geheimabkommen mit dem Silbernen Lager flankiert, um einen Kupfernen Sieg zu verhindern, hat es doch gezeigt, dass wir Blaulageristen bereit selbst undenkbare Abkommen einzuhalten.

    Der siegreiche Blaue Avatar und Libertania auf dem Weg zum Ritualkreis, Drachenfest 2018.

    Man kann dem Goldenen Lager nicht hoch genug anrechnen, dass sie im Jahr 18 n.d.B. nicht auf ihren Sieganspruch beharrten, sondern direkt von Beginn des Wettkampfes an uns unterstützen. Dass auch das Silberne Lager sich an unsere Seite stellte war ein Erfolg, der durch die beharrliche Diplomatie der vorhergehenden Jahre möglich war. Wir und damit der Blaue Drache haben gesiegt. Unter dem Ruf „Er ist der Kapitän, wir sind die Crew“ hat der Blaue Drache seine eigene Form der Herrschaft etabliert und damit den letzten Beweis erbracht, dass wir aus unseren Fehlern lernen und entsprechend verantwortungsvoll handeln können.

    Wir haben gesiegt. Wir haben uns bewiesen. Wir haben uns durch unser Handeln Respekt verschafft. Und Respekt ist die Grundlage von Allem.

    Im Kreis der Drachen hat man das Blaue Lager früher nicht respektiert: ständig betrunkene Piraten, die ihr Banner verkaufen und sich nicht dem Wettkampf stellen. Man mag anführen, dass es uns doch egal sein kann, was Andere über uns denken – aber letztendlich ist das nicht egal. Ich will nicht bemitleidet und ausgelacht werden. Ich will respektiert werden – und aus diesem Respekt, den andere Lager und ihre Streiter mir, den man dem Blauen Lager und Allen, die dort lagern und für den Blauen Drachen einstehen sowie dem Blauen Drachen selbst, gegenüber empfindet, kann mehr erwachsen.

    Indessen werden wir – wieder – respektiert. Wir sind nicht nur als Kameraden und Kameradinnen beim Feiern gern gesehen, sondern werden auch als Bündnispartner umworben. Man könnte sagen: Viele haben uns offenbar lieb. Wir sind die lieben Blaulageristen. Geliebt oder zumindest gemocht zu werden ist jedoch nicht ganz die Art von Respekt, die für mich zum Blauen Weg und zum Blauen Lager passt. Nicht die Art von Respekt, die ich mir für meine Person wünsche. Doch das ist die Art Respekt, die wir meiner Wahrnehmung nach derzeit genießen.

    Für mich war das Blaue Lager trotz unserer von Erfolg gekrönten Bemühungen der letzten Jahre immer der Ort, in dem sich gierige opportunistische Händler und freiheitsliebende pragmatische Glücksritterinnen treffen – der überwiegende Teil von ihnen mit nautischem Hintergrund. Vor allem spießbürgerliche Biedermeier, ehrbare Pfeffersäcke und tyrannische Adlige sollten uns nicht „lieb“ haben – sie sollen uns respektieren, weil sie uns und unsere verwegene und unabhängige Art zu leben in ihrem Innersten etwas bewundern. Aber besonders sollten sie uns respektieren, weil sie uns fürchten und wissen, zu was wir fähig sind.

    Jetzt, nachdem wir bewiesen haben, dass mit uns zu rechnen ist, und uns keine Fesseln von Zusagen und Absprachen und Verträgen mehr binden, ist es an der Zeit diese Art von Respekt einzufordern. Diese Art von Respekt zu erkämpfen, zu erlangen und zu gewinnen. Wir sind das Lager der Freiheit und der Gier. Das sollten wir wieder mehr leben und diesen Teil der Blauen Seele, die in Teilen verloren zu sein scheint, wiederfinden.

    Auf Initiative der „Kraken“-Crew ist auf dem letzten Fest der Drachen die „Muräne“ erwacht, der sich viele Crews und Blaulageristen angeschlossen haben. Getragen von dem Gedanken, dass die große Wiese in der Nacht kein Ort sein sollte, an dem die Orks auf Jagd gehen können, was sie wollen, während sich alle Anderen ängstlich in ihren Lagern verschanzen, wurde die Losung ausgegeben: „Die Nacht ist Blau!“. Das ist die Zeit, in der wir unsere Gier ausleben und außer unseren Verbündeten kann und soll Nachts Niemand mehr auf der Wiese sicher sein.

    Natürlich sollten wir weiterhin am Wettkampf teilnehmen – alleine weil wir nur so einen Sieg von Kupfer, unserem Erzfeind unter den Drachen und Lagern, verhindern können. Wir werden Bündnisse eingehen und derzeit schlägt mein Herz – das will ich nicht verhehlen-, der letzten Feste und ihrer dortigen Worte und Taten gedenkend, für das Goldene Lager. Aber diese Bündnisse sollten wir nicht schließen, weil wir so „lieb“ und „nett“ sind, sondern aus drei pragmatischen und opportunistischen Beweggründen:

    Wer unsere Unterstützung für einen Sieg haben möchte, darf nicht mit dem Kupfernen Drachen paktieren und muss so wie wir Alles tun, um einen Kupfernen Sieg zu verhindern. Auch ist es unabdingbar, dass wir nur die Drachen unterstützen können und werden, unter deren Herrschaft wir sicher sein können, dass wir unsere Freiheit und unseren Lebensstil ohne Einschränkungen weiter leben können. Denn es ist undenkbar einen Sieg zu unterstützen, der uns in Ketten legt.

    Der dritte Beweggrund jedoch sollte die Gier sein. Was haben wir davon? Und mit „wir“ meine ich sowohl die Blaulageristen als auch den Blauen Drachen selbst. Nicht nur die Blaulageristen, bestenfalls bis zum letzten Halsabschneider und zur letzten Matrosin, sollten überzeugt sein sich für einen anderen Drachen zu engagieren – auch der Blaue Drache selbst sollte wissen, warum sich die Seinen für einen anderen Drachenweg die Sohlen durchlaufen, die Köpfe zermartern und töten lassen.

    Uns in klingender Münze zu bezahlen, von denen dann die einzelne Person im Lager froh sein kann, wenn ein halbes Kupfer im eigenen Geldbeutel landet, befriedigt weder unsere Gier noch erschafft sie Begeisterung sich für ein anderes Lager einzusetzen. Denn unsere Gier ist nicht auf Gold und Geschmeide beschränkt und es gibt viele Wege Blaulageristen zu motivieren und für sich zu gewinnen. Eine Feier im Blauen Lager, ausgerichtet von einem anderen Lager, das unter anderem unsere Barden bezahlt, Tänzer und Tänzerinnen engagiert sowie für andere Kurzweil sorgt, wäre meiner Ansicht nach eine solche Möglichkeit.

    Eine Entwicklung der letzten Jahre, die wir ganz bewusst getroffen haben und ich auch weiterhin befürworte ist, dass wir weder uns noch anderen mit irgendwelchen Zusagen, Verträgen und Abkommen, die das Jahr überdauern und in die Zukunft gerichtet sind, Ketten und Fesseln anlegen. Daher würden solche Angebote unsere Gier nicht befriedigen, eher sogar unser freiheitliches Wesen beleidigen.

    Auch dem Blauen Drachen dürfte der Sinn weniger nach Gold, Münzen und Juwelen stehen, wenngleich ich das natürlich nicht mit Gewissheit sagen kann. Doch wenn ich ihm ein Angebot machen sollte, dann würde ich überlegen, ob man ihm bei einem Sieg nicht die Herrschaft über einen Teil der Stadt übergibt, wie zum Beispiel den Händlern und Tavernen. Eine Möglichkeit wäre auch, dass ein Drache für sich und sein Lager die Sklaverei ächtet sowie diese Ächtung in seinem Herrscherjahr für die gesamten Drachenlande inklusive aller Inseln gilt.

    Generell ist die Ächtung der Sklaverei in anderen Lagern ein Thema, auf das wir als Lager der Freiheit in den kommenden Jahren einen stärkeren Fokus legen könnten. Sowohl was die Wahl unserer Verbündeten angeht als auch der Inhalt und das Ziel unserer diplomatischen Bemühungen. Letztendlich kann man sagen, dass es für die nächsten Jahre genug zu tun gibt – auch ohne sich für einen weiteren Sieg des Blauen Drachen anderen Lagern anzubiedern. Diese Zeit sollte nun zu Ende sein, wenn es nach mir geht.

    So bleibt mir nur zu hoffen, dass – wenn der Blaue Drache uns noch einmal rufen sollte – das Lager bereit ist einen neuen Kurs zu setzen, um auf der Welle der Gier und mit dem stürmischen Wind der Freiheit in den Segeln unserer verloren geglaubten rauen Seele als Leitstern am Firmament folgend die Art von Respekt zu erlangen, die wir verdienen.“

    Nach diesen Worten, die er in sein persönliches Logbuch geschrieben hat, legt Askir die Feder zur Seite und lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Er nimmt das Glas in die Hand und trinkt von dem weißen Portwein, den er aus Yddland exportiert und auch unter seinen Freunden und Bekannten schon viele Liebhaber gewonnen hat. Über Haven Island beginnt die Dämmerung, während der Kapitän der „Kraken“ seinen Erinnerungen nachhängt …

    Vor dem Tor des Blauen Lagers (mit der Flagge der „Kraken“) vor dem Marsch zur großen Schlacht, Drachenfest 2019

  • Askir sitzt auf der Bank unter den Heckfenstern seiner Kajüte und blickt hinaus auf die See. Über seinem Kopf ertönt die Stimme der Masterin, wie sie einen Matrosen zur Ordnung ruft. Das Leben auf See in der Regelmäßigkeit seiner Tagesstruktur, die von den Glasen bestimmt wird, hat für den Kapitän und seinem Matrosen Gero, der ihn dieses Jahr auf die Festinsel der Drachenlande begleitet hat, wieder begonnen.

    An der Kimm sind nur noch vage die Mastspitzen der „Gorgon“ zu sehen, denn auch „Fortunas Flotte“ hat sich wieder getrennt. Jedes Schiff fährt nun seinen Kurs bis zum nächsten, hoffentlich baldigen Zusammentreffen. Nur mit einer Hose bekleidet schenkt sich Askir den leckeren weißen Portwein nach. Es ist noch immer heiß, wenngleich der Wind auf See wenigstens etwas Abkühlung bringt.

    Sein Blick gleitet hinüber zu seinem kleinen Schreibtisch, auf dem Buch und Feder liegen. Mit einem Seufzen erhebt er sich, setzt sich an den Tisch und greift zur Feder, um in seinem persönlichen Logbuch die wichtigsten Ereignisse des Festes der Drachen niederzuschreiben …

    „Der blaue Drache hatte gerufen und ich war ein weiteres Mal seinem Ruf gefolgt. Es war das sechste Jahr nach dem ersten Sieg des Blauen und alle ‚Blaufüchse‘, mit denen ich schon im Vorfeld eine rege Korrespondenz unterhalten hatte, waren sich einig, dass es nach unserer jahrelangen Vorarbeit an der Zeit ist ein zweites Mal den Blauen Drachen die Herrschaft zu ermöglichen.

    Wir ‚Blaufüchse‘ hatten uns schon im Vorfeld darauf geeinigt dieses Jahr Frieda Fluchbrecher als Hochdiplomatin vorzuschlagen. Zum Einen, weil wir nicht unsere Institution mit nur einem Namen verbunden sehen wollen, zum Anderen weil man als Hochdiplomat stark an das Lager gebunden ist und ich auch mal wieder unterwegs sein wollte. Auf Grund der Hitze im Nachhinein gesehen ein selten dämlicher Grund.

    Im ‚Captains Table‘ war es jedoch erst mein Name, der von vielen Kapitänen genannt wurde, als die Frage nach dem neuen Hochdiplomaten gestellt wurde. Ich kann nicht verhehlen, dass ich es mit Stolz zur Kenntnis genommen habe. Doch wie besprochen habe ich Frieda vorgeschlagen.

    Ich war jedoch nicht darauf gefasst, dass Wulfgrim von den Blutwulfen tatsächlich Brego ebenfalls als Kandidaten zum Hochdiplomaten vorschlug. Gemeinsam mit Frieda war er vorletztes Jahr Hochdiplomat – und nach Wulfgrims Worten waren die Fehler in jenem Jahr allein Friedas Schuld. Ein Jahr, das von vielen ‚Blaufüchsen‘ als verlorenes Jahr angesehen wird und an dessen Ende ich meinen Diplomatenpass zerrissen und Brego vor die Füsse geworfen habe. Und das lag ganz sicher nicht an Frieda.

    Letztendlich gewann – den Göttern sei Dank – Frieda die Abstimmung. Sie ernannte mich zu ihrem Stellvertreter und ich übernahm, wie schon in den Jahren zuvor, das Silberne Lager, wohin mich Nell Zeughauser begleitete. Kerlon übernahm wieder Gold, Nanashi Rot, Aki die Orks, Doc Langhals den Wandel, Rolf Grau und Jareth – begleitet von Mama Lia – Schwarz, Grete das Weiße Lager und die Mademoiselle Kupfer. Neu dabei übernahm Käpt’n Anderport das grüne Lager, während sich Draußen, Jette und Klaas um die anzuwerbenden Lager und Gruppen kümmerten. Als Schreiberin wurden wir von Elizabeth unterstützt.

    Am Morgen dieses Tages war Brego, der einer der ‚Anker‘ des Blauen Lagers ist, schon bei mir gewesen und hatte mir erklärt, wie ich die Diplomatie mit dem Silbernen Lager anpacken sollte. So schlug er vor, dass wir ihnen anbieten, dass wir den Sieg und das Geld einstreichen, aber die Herrschaft an Silber abgeben werden. Wie er sagte hätte der Avatar ja oft genug geäußert, dass es ihm nur um den Sieg geht und er gar nicht herrschen möchte.

    Ich hatte es anders in Erinnerung, so dass – auch zur eigenen Sicherheit – mein erste Gang zum Avatar führte. Auf meine diesbezügliche Frage bezog er ganz klar Stellung: er wollte den Sieg, würde sich dann aber auch der damit einhergehenden Verantwortung stellen und die Zügel das ganze Jahr über in der Hand halten. Eine Abgabe der Herrschaft wäre wie sich aus der Verantwortung stehlen und käme nicht in Frage. Danke, diese Antwort hatte ich mir erhofft.

    Dies war es auch, was ich gegenüber den Verantwortlichen im Silbernen Lager erklärte. Ich appellierte an die silberne Gnade hinsichtlich unseres Fehlers im ersten blauen Jahr, als ohne unsere Führung das Chaos herrschte. Ebenso wies ich darauf hin, dass der Blaue Weg sich weiter entwickelt hat und wir gelernt haben, wir die Chance auf den Beweis eines Neuanfangs erhalten sollten, was nur mit einem Sieg möglich ist.

    Dabei half sicherlich auch, dass die für uns zuständigen Diplomaten aus der Gesandtschaft von Hammaburg und der Vargberg-Ottajasko als auch der silberne Heerführer, Ritter Golodan, langjährige Freunde von mir waren. Manchmal braucht es halt – Phex sei Dank – ein Quentchen Glück.

    Zwei Jahre lang war ich Diplomat für das goldene Lager gewesen, bis mich Kerlon im letzten Jahr ablöste. In dieser Zeit habe ich viel über den Verrat, der dem goldenen Drachen inne wohnt, gehört, jedoch nie ein Anzeichen davon gesehen. Seit Jahren bemühen sie sich um eine Freundschaft mit uns und nun gingen sie, wie mir gegenüber schon in Elitawana angedeutet, noch einen Schritt weiter: Sie verzichteten zu unseren Gunsten auf eine Siegforderung.

    So stand das erste Bündnis schon vor dem ersten Ritual und während der folgenden Tage haben sie sich als engagierte und verlässliche Bündnispartner heraus gestellt. Nach unserem Sieg stehen wir wahrlich in unserer Schuld und es wird beim nächsten Fest der Drachen unsere zuvörderste Aufgabe sein diese Schuld zu begleichen.

    Innerhalb von nicht mal einem Tag schlossen sich auch Schwarz und Silber diesem Bündnis an. Dabei unterstellte Ritter Golodan die silberne Streitmacht dem blauen Oberbefehl. Wir waren auf dem richtigen Weg, wenngleich ich noch skeptisch war: es ist zuweilen einfacher Bündnisspartner zu finden als sie über einen längeren Zeitraum zu halten. Aber das Bündnis hielt!

    Auf der Gegenseite formierte sich derweil ein Bündnis um den fordernden grünen Drachen und seinen Unterstützern Rot und Grau. Kupfer forderte – seiner Natur gemäß – ebenfalls. Doch auch Kupfer, Weiß und Wandel schienen wenig von einem weiteren grünen Sieg zu halten, so dass wir mit ihnen zwar nicht Seite an Seite, aber zuweilen gegen den gleichen Gegner stritten.“

    Der Kapitän setzt die Feder ab und nimmt einen Schluck Port. Auf ein loses Stück Papier kritzelt er einige Stichworte, um bloß keine wichtige Begebenheit zu vergessen. Denn dieser Eintrag soll ja auch dazu dienen sich später nochmal Ereignisse in Erinnerung zu rufen, die einem dann nicht mehr so klar vor Augen stehen. Wie Jenes, was im Grauen Lager geschah.

    Da das graue Lager dieses Jahr direkt neben dem Blauen lag, gab es die Hoffnung nach vielen Jahren wieder gemeinsam zu streiten. Es gibt noch etliche Blaue, die der Zeit der grau-blauen Freundschaft hinterher trauern. Dabei ist diese schon seit Jahren nicht mehr spürbar und vielleicht sollte man sich einfach damit abfinden, dass auch Freundschaften endlich sein können und die Zeiten nicht überdauern.

    Doch wir wagten eine erste Annäherung und schlugen ein Schutz- und Trutzbündnis vor, das auch angenommen wurde. Doch es währte nicht lange, denn tief in der folgenden Nacht teilten uns mehrere graue Diplomaten mit, dass sie sich dafür entschieden hätten dem grünen Drachen auf den Thron zu helfen. Damit stellten sie sich gegen uns und als Gegner (nicht als Feinde!) hob der ‚Captains Table‘ das Verteidigungsbündnis auf.

    Wenig später schon erfolgte der erste Angriff von blauen und schwarzen Truppen auf das graue Lager. Das führte scheinbar im grauen Lager so solcher Verstimmung, das Rolf, der für Grau zuständige ‚Blaufuchs‘, und ich am Tag darauf den grauen Lagerrat aufsuchten. Dieser teilte uns mit, dass erst in Folge unseres Angriffs die Entscheidung zur Unterstützung von Grün gefallen ist.

    Eigentlich seien sie in der Nacht noch dabei gewesen den letztjährigen Vertrag mit Grün auf Schlupflöchern zu untersuchen, um dann uns unterstützen zu können. Doch nun hätte man schon Grün fest zugesagt. Da ich indessen von einigen Grauen erfahren habe, dass schon am Vorabend klar war,  dass Grau auf Grund des fehlerhaften Vertrages nicht an Grün gebunden gewesen wäre, bin ich geneigt zu glauben, dass das Alles eine Finte des grauen Lagerrates war, um ihr Lager auf die Unterstützung von Grün einzuschwören.“

    Der Kapitän fährt sich mit der linken Hand über das wenige, kurze Haar, das noch den Mut hat sich auf seinem Haupt zu zeigen. Noch viele Fragen sind ungeklärt, was den nächtlichen Angriff auf das graue Lager in der Nacht danach angeht. Doch letzendlich sind dabei Taten durch Angehörige des Blauen Lagers verübt worden, die unentschuldbar sind.

    „In der Nacht nach der Entscheidung des grauen Lagers die grüne Forderung zu unterstützen erfolgte ein Angriff auf das graue Lager, das federführend in den Händen der Blutwulfen lag. Über diesen Angriff und besonders seinem Ausmaß waren zumindest die ‚Blaufüchse‘ nicht informiert und ihm schloßen sich wohl weitere Kämpfer, unter anderem Teile der Sturmflut, an.

    Hätte der Angriff nur militärischen Zielen gegolten, wie dem Tor, den Belagerungswaffen und dem Garten mit Heilkräutern, wäre es ein erfolgreicher Angriff mit Sinn gewesen. Doch wurden dabei auch die graue Bibliothek, gewissermaßen das Herz des Grauen Lagers, die auch von uns gerne bei Nachforschungen genutzt wird, zerstört. Die Dokumente haben wie durch ein Wunder überlebt, aber der Schaden war angerichtet.

    Dass die Blutwulfen während des Angriffs auch das Diplomatenzelt gestürmt und alle Diplomaten massakriert haben, war dagegen eine kleine Verfehlung. Möglicherweise war ihnen auch nicht bekannt, dass schon vor einigen Jahren alle Avatare mit Ausnahme des Roten ein Dokument unterzeichnet haben, dass Diplomaten Immunität genießen. Wobei es wieder einmal beweist, dass Feder und Papier letztendlich nicht stärker sind als das Schwert.“

    Askir von der See nimmt noch einen Schluck Port und versucht sich die Dinge, die er über diese Nacht und die Ereignisse, die dazu geführt haben, wieder in Erinnerung zu rufen. Ebenso versucht er sich an das Protokoll von Wulfgrims Vernehmung im grauen Lager, von dem Rolf eine Abschrift organisiert hat, zu erinnern.

    „Leider haben wir nur Wulfgrims Aussage und ihm traue ich nur so weit, wie ich Brishnak werfen kann. Es soll vor seinem Lager eine Kiste aufgetaucht sein, in der er mit dem Angriff auf das graue Lager und die Zerstörung mehrerer Orte, unter anderem der Bibliothek, beauftragt wurde. Die Entlohnung lag in Münzen ebenfalls in der Kiste.

    Man könnte bei einem solchen anonymen Auftrag vorsichtig sein. Man könnte auch meinen, dass Jeder, der im Voraus bezahlt, selber schuld ist – die Kiste wegwerfen und das Geld behalten. Könnte man. Aber scheinbar nicht die Blutwulfen. Wulfgrims Aussage nach wurde die Bibliothek schon zerstört, bevor überhaupt ein Blaulagerist dort gewesen ist.

    Eine durchsichtige Schutzbehauptung eines Überführten? Oder hat Jemand die Leichtgläubigkeit und Gier der Blutwulfen angesichts klingender Münzen ausgenutzt und damit deren Ruf und entsprechend den Ruf des ganzen Blauen Lagers vorsätzlich zerstört? Es gibt wohl Kupferne, die diesbezüglich investigativ tätig sind und angeblich würden Spuren ins grüne Lager führen, doch derzeit gibt es mehr Gerüchte und Theorien als verlässliche Aussagen.

    Dieser Angriff mit der Zerstörung der Bibliothek hat zumindest derzeit einen Keil zwischen Grau und Blau getrieben. Darüber hinaus hat er aber auch den Ruf der Blutwulfen, die schon seit Jahren immer wieder umstritten waren, geschadet. Zum einen teilten mir bisherige Freunde aus dem Grauen mit, sie mich als Feind ansehen müssten, so lange ich gemeinsam mit den Blutwulfen aktiv sein würde.

    Zum anderen mehren sich aber auch im Lager die Stimmen derer, die sich fragen, warum der Blaue Drachen die Blutwulfen überhaupt noch ruft, wenn sie doch nur ihre eigene Sache machen. Meiner Ansicht nach eine müßige Frage, denn auch Blutbart war auf seine Art ein Anhänger des Blauen Weges. Aber im Lager wird indessen immer öfter erörtert, wie man die Blutwulfen aus dem Lager werfen kann. Eine Entwicklung, die noch blutig   im Bürgerkrieg enden   schwierig   interessant werden könnte.

    Während Entsetzen mich ergriff, als ich von der grauen Bibliothek hörte, wurde und werde ich richtig zornig, als ich erfuhr, dass die Blutwulfen eigene Diplomaten haben, die sie durch die Lager schicken. So musste ein ‚Blaufuchs‘ einmal warten, weil die Hochdiplomaten des anderen Lagers erst noch mit den Diplomaten der Blutwulfen reden mussten. Indessen habe ich erfahren, dass das schon seit einigen Jahren der Fall ist.

    Bei Efferd, dem Launenhaften – wenn die Blutwulfen ohne Absprache andere Lager angreifen und eigene Diplomaten losschicken, dann stellen sie ein Lager im Lager dar, wie es in dieser selbstherrlichen Art selbst das noch immer oft mit Hass in der Stimme erwähnte Tiefseeblau nie gewesen ist!“

    Askir greift zum Glas und mit zornesblitzenden Augen leer er es in einem Zug. Er braucht einige Runden durch seine kleine Kajüte, bis er sich wieder beruhigt hat und weiterschreiben kann. Auch wenn er jetzt schon merkt, dass das nächste Thema sein Blut wieder in Wallung bringt, wenngleich nicht so stark, wie auf der Dracheninsel selbst.

    „Als Heerführer hat der ‚Captains Table‘ Heinrich Büttner bestimmt, der zwei Stellvertreter und eine Adjutantin hatte. Ein Stellvertreter war, sozusagen zum ‚Anlernen‘, Juan von der ‚La Vierge‘ und ein mir bis dahin unbekannter, aber im positivsten Sinne engagierter Krieger. Als Adjutantin fungierte die hübsche und fleißige Alexandra van Hummel.“

    Der Kapitän schenkt sich noch etwas des guten yddländischen Portweins nach. Ohne Tinte kann man schließlich auch nicht schreiben.

    „Ich schätze sie alle und war über ihre Wahl erfreut – um so stärker war meine Enttäuschung, dass sie es versäumten mal mit den Heerführern der verbündeten Lager zu sprechen. Mehrfach beschwerte sich der silberne Heerführer bei mir, dass sein Heer jetzt dem fordernden Blauen untersteht, aber Niemand mal mit ihm redet, wann er wo angreifen soll. Jedes mal gab ich es weiter, aber es kam keine Reaktion.

    Das hat mich so in Rage versetzt, dass ich in einer Nacht Juan angeschrien habe, ob die Diplomaten jetzt auch noch die Heerführung übernehmen sollten, damit es mal läuft. Derweil flog mein Hut vom Zornessturm getragen quer durch das Lager der ‚La Vierge‘. Verdammt, manchmal muss man einfach mal laut werden!

    Und ich glaube es hat auch genutzt. Juan und ich haben uns noch länger unterhalten in dieser Nacht und ich hatte das Gefühl, dass es danach besser lief. Zumindest traf er Entscheidungen, die mich dann direkt nochmal mitten in der Nacht zum silbernen Lager führte, und auch für die große Schlacht gab es eine scheinbar vernünftige Absprache.“

    Tief atmet Askir durch. Ja, die Entscheidung, die ihn mitten in der Nacht gemeinsam mit Kerlon Bloom nochmal zum silbernen Lager führte. Ein erster Schritt zu einer sehr ereignisreichen und beunruhigenden Nacht. Er nimmt noch einen tiefen Schluck, bevor er wieder zur Feder greift.

    „Kerlon und ich verließen das blaue Tor, um gemeinsam zum silbernen und danach zum goldenen Lager zu gehen. Doch das Nächste, an das ich mich erinnern konnte, war, dass ich auf dem Friedhof neben einem Grabstein lag und den Sternenhimmel beobachtete. Ich glaube ich wäre gerne noch etwas länger geblieben, aber Kerlon hat so lange gerufen, bis der Moment der Stille gänzlich verdorben war.

    Aus Erzählungen konnten wir uns zusammen reimen, dass wir wohl gestorben sind. Der Zustand meiner Geldbörse und die fehlenden Knöpfe an meiner Weste ließen darauf schließen, dass Räuber daran beteiligt waren. Zumindest schienen sie Geschmack zu haben. Sorgen machte mir eher mein Seelenheil, doch wir hatten noch einen Auftrag zu erledigen.

    Silbernes Lager. Geschlossenes Tor. Nachtwache davor. Mit besonderer Akribie wurden unsere Diplomatenpässe kontrolliert und abgefragt, zu wem wir möchten. Ich nannte fünf Namen, man lief los um eine der genannten Personen zu finden. Derweil mussten wir vor dem Tor warten, ohne dass man uns ein Getränk angeboten hätte. Es dauerte, bis die Wache wiederkam, den zweiten Namen erfragte und abermals verschwand.

    Nach über einer halben Stunde und mehrmaligem Abfragen von Namen, wen ich so kenne, war meine Geduld am Ende. Wir teilten der Wachkommandantin unser Anliegen mit und sie versprach es so weiterzugeben, dass ihr Heerführer es erfährt. Der selbige Heerführer, der am nächsten Tag einen Läufer zu uns schicken sollte, weil er keine Nachricht von uns bekommen hat.

    Also weiter zum goldenen Tor. Als dort genau das Gleiche passierte, wie am silbernen Tor, habe ich entschieden, dass es nur bedingt sinnvoll ist der einzige Depp zu sein, der um die Zeit noch unterwegs ist, während alle anderen Diplomaten und Heerführer sich auf dem Strohsack räckeln. Das war für mich scheinbar die Nacht des gepflegten Eskalierens.

    Doch rechten Schlaf wollte ich in der Nacht nicht mehr finden. Alpträume quälten mich, ich fühlte mich verfolgt von alptraumhaften Monstern mit leuchtenden Augen und manchmal musste ich an die schauerhaft-widerlichen Kreaturen denken, die damals in Weltenwacht Inat Laron in die Niederhöllen gerissen haben.“

    Der Kapitän schließt die Augen, um die Erinnerungen an diese Farce von einer Gerichtsverhandlung und der Strafe, mit der man zugleich den alten Göttern einen Weg nach Weltenwacht geöffnet hat, zu unterdrücken. Damals saß er als Leibwächter der Stimme der Zeit in der ersten Reihe – eine Frau, die in Elitawana schmerzlich vermisst wird. Askir schüttelt den Kopf. Bleib bei der Sache!

    „Die Erklärung, was geschehen war, erhielt ich später. Der Zahlmeister der ‚Gorgon‘ – Tüccar – wurde schon vermisst, als er endlich wieder im Lager erschien. Er sah überhaupt nicht gut aus und wollte Don Arktos sprechen. Später erfuhr ich, dass er das Mal des Seelenfressers trug und dass er es erhielt, als er gemeinsam mit Kerlon und mir unterwegs war, wo wir vom Seelenfresser in eine Sackgasse gejagt wurden und Tüccar sich opferte, damit wir fliehen konnten. Der Mann hat bei mir wahrhaftig etwas gut.“

    Askir nimmt einen Schluck vom Port und einmal mehr ist er über die Wendungen des Schicksals glücklich, die ihn zu „Fortunas Flotte“ führten. Harold war es, der ihn vor einigen Jahren mit den Käpt’ns des damals noch „Freibeuter Leviathans“ genannten Schiffsverbandes bekannt gemacht hatte. Eine Flotte, zu der er seit diesem Jahr auch als Kapitän mit seiner „Kraken“ gehört und die im Laufe der Zeit zu einer Art Familie geworden ist.

    Er hofft, dass im nächsten Jahr mehr Mitglieder seiner eigenen Crew vom Blauen Drachen gerufen werde, um die Flotte noch mehr zu verstärken. Die Flotte, die wohl überall irgendwo vertreten ist – Hafenmeisterei, Diplomaten, Riff, Heilerschutz, Zirkel, … -, auch wenn wohl nur wenige im Blauen Lager wirklich wissen, wer überhaupt alles zur Flotte zählt. Dass von ihnen jedoch so wenige in die erste Drachenwelt versetzt werden, wundert mich immer wieder.

    „Auch die Ereignisse in Elitawana wurden von einigen Reisenden mit in die zweite Drachenwelt. So suchte mich Sahar von der goldenen Akademie auf, um mich über ein aufgetauchtes Pergament zu informieren, das über sieben Bewahrer spricht, die wir wohl bei unserem nächsten Aufenthalt in Elitawana suchen müssten.

    Doch das Bedeutenste und zugleich Schlimmste, was ein Reisender mit in die zweite Drachenwelt mitbringen konnte, war der Hexer selbst. Rowan aus dem Lager des Wandels hatte in Elitawana einen Pakt mit dem Täuscher (ein Name, der meiner Meinung nach besser zum ‚Hexer‘ passt) geschlossen und öffnete für ihn ein Portal direkt neben der Drachenstele. Die Stimme des Hexers war zu hören, der sagte er wäre schon längst hier – bevor dann die Avatare Rowan zerstörten und seine Überreste von der Tochter des Wandels in den Urstrom geworfen wurden.

    Wir müssen wirklich dringend Aurora befreien und dem ‚Täuscher‘ das Handwerk legen, bevor er und die verfemten Drachen ihre Klauen auch in die zweite Drachenwelt ausstrecken und in unserer Gegenwart Anhänger finden. Die blauen Taten der letzten Reise in die Vergangenheit   eine andere Zeit waren ein guter Anfang, jedoch nur ein Anfang.“

    Wie kann man nur – es ist für Askir genauso unverständlich, wie wenn sich ein Aventurier mit dem Namenlosen verbündet. Doch das ist genau das Problem, das das Lager des Wandels hat: Es sitzen noch immer Dämonenpaktierer und solches widerwärtige Gezücht, menschlich oder nicht, in diesem Lager. So lange ist für Askir auch jegliches Bündnis ausgeschlossen.

    Wenn der Wandel gegen den selben Gegner wie Blau streitet und sich daher an unsere Seite stellt – bitte, wer will es ihnen verbieten. Askir kann auch gut damit leben, dass man sie nicht ständig angreift, zumal es auch konstruktive Wandler gibt, wie sich in Elitawana gezeigt hat – aber auf dem Weg zu einem Bündnispartner, den man ernsthaft in Betracht ziehen kann, ist das Lager des ewigen Wandels erst am Anfang.

    „Doch jetzt ist erst einmal die Zeit des Feierns gekommen. Das Blaue Lager hat gesiegt und der Blaue Drache wird für das kommende Jahr die Herrschaft über die Drachenlande ausüben – wenn er sie auch anders nennen mag. Eine Herrschaft, die meinem Eindruck nach auch über die Grenzen der Dracheninseln hinaus auf die ganze Welt abstrahlt. Und sei es, weil wir Freiheitskämpfer einen frischeren, stärkeren Wind in unseren Segeln spüren und die blauen Aspekte in die Welt hinaus tragen.

    Doch er wird nicht herrschen wie ein König, sondern wie ein Kapitän. Wenn er nicht weiß, wie er ‚herrschen‘ soll wird er, so kündigte er an, seine Geschwister fragen. Doch gegenüber dem Lager machte er deutlich, dass nicht nur er sich der Verantwortung stellen muss, sondern auch jeder von uns. Er ist der Käpt’n – wir sind die Crew. Und wir sind es, die unserem Käpt’n sagen, was wir in dem blauen Jahr umgesetzt haben möchten.

    Für mich persönlich steht die Freiheit überall auf den Dracheninseln ganz oben auf der Agenda. Das beinhaltet auch den Verbot jedweder Form von Sklaverei und Leibeigenschaft. Von mir aus kann man auch gerne für Alle, die dagegen verstoßen, einen Galgen am Eingang der Stadt aufstellen, wo ihre Leiber langsam verrotten und damit eine klare, deutliche Botschaft sind an alle Feinde der Freiheit senden.

    Der Blaue Avatar trägt keine Krone, er trägt einen Dreispitz, wie es einem Käpt’n gebührt. Und noch am Abend nach unserem Sieg ging eine Liste im Lager rum, auf dem sich Jeder, der wollte, für die Crew des Blauen eintragen konnte. Schließlich muss auch er mit seiner Crew ordnungsgemäß in der Hafenmeisterei angemeldet sein. Auch ich habe mich natürlich eingetragen.

    Beim nächsten Fest der Drachen werden wir jedoch erst richtig beweisen können, ob wir zu unserer Verantwortung und den durch uns gegebenen Versprechen stehen. Nicht nur ich bin besorgt, dass das Lager im nächsten Jahr in Lethargie verfällt und Gold nicht so unterstützt, wie sie uns. Daher wird es wohl eine Aufgabe der ‚Blaufüchse‘ sein hier motivierend innerhalb des Lagers aktiv zu werden – wenngleich ich hoffe, dass dies nicht erforderlich sein wird.“

    Der Kapitän der „Kraken“ legt die Feder beiseite und nimmt das Glas. Ein Lächeln gleitet über seine Lippen: Morgen ist das, was passiert, nachdem man den heutigen Tag genossen hat. Er hebt sein Glas und prostet durch die Heckscheiben der See zu.

    „Auf den Blauen Kapitän. Er ist der Käpt’n – wir sind die Crew. Auf die Freiheit!“


    OT-Anmerkung
    Ich weise darauf hin, dass es sich bei dem obigen Text um eine Wiedergabe der Eindrücke meines Charakters Askir von der See handelt. Er beinhaltet das, was ich erlebt und erfahren habe – was nicht zwingend objektiv richtg sein muss.
    Ebenso ist Askirs Meinung über einzelne Charaktere genau das: Askirs Meinung über Spielercharaktere. So halte ich (Hagen) außerhalb des Spiels z.B. den Spieler des Charakters von Wulfgrimm für einen echt netten Menschen und tollen Rollenspieler.
    Dementsprechend bitte ich den obigen Text als reine IT-Meinung zu betrachten. Das diese Informationen natürlich nicht im Spiel verwendet werden sollten, da das private Logbuch von Askir nicht Jedem zugänglich ist, sollte selberverständlich sein.