Schlagwort: Pattern

  • Da mein neuer Charakter, der dorlónische Soldat Bernulf, nicht nackt rumlaufen soll, habe ich mich (mal wieder) mit dem klassischen Kleidungsstück, der Tunika auseinander gesetzt. Nach einigen (auch wenig befriedigenden) Versuchen hat sich die Tunikaform bzw. das Schnittmuster, das ich hier vorstellen und erläutern werde, als für mich einfachste und bestsitzende Machart herausgestellt. In dieser Art kann man nicht nur Tuniken, sondern auch Surcotten und Cotten herstellen.

    Wobei ich darauf hinweisen möchte, dass das Schnittmuster ein an das wohl wichtigste Kleidungsstück des Früh- und Hochmittelalters angelehnte Oberbekleidung zulässt, aber sicher nicht historisch authentisch ist. Doch darauf kommt es ja für das von mir vorgesehene Einsatzgebiet (Larp) nicht an, wobei gesagt werden muss, dass eine Tunika gegenüber Schnürhemden fast immer die bessere Wahl ist. 😉

    Das Ausmessen + Zuschneiden

    Bevor Du anfängst Stoff zu bestellen oder gar den schönen Stoff zu zerschneiden, schnappst Du Dir ein Maßband, ein Blatt Papier und einen Stift. Dann wirst Du vermessen (wobei die Hilfe durch eine weitere Person empfehlenswert ist) und diese Maße werden mindestens benötigt:

      • A ~ Die Armlänge von Deiner Schulter bis auf die Fingerknöchel
      • B ~ Umfang am Handgelenk (immer daran denken, dass die Hand auch da durch passen muss)
      • C ~ Umfang am Ellbogen, den man sowohl im ausgestreckten als auch angewinkelten Zustand messen sollte
      • D ~ Der Umfang des Ärmelausschnitts misst man am Besten entlang der Naht eines T-Shirts oder Hemdes, das man an hat
      • E ~ Brustumfang über die breiteste Stelle der Brust einmal drumherum gemessen und dann halbiert
      • F ~ Beim Bauchumfang geht man wie beim Brustumfang vor (wessen Taille einen größeren Umfang als der Bauch hat, der nehme statt dessen den Taillenumfang)
      • G ~ Von der Schulter runter auf die Linie des Brustumfangs (E) gemessen
      • H ~ Von der Schulter runter auf die Linie des Bauchumfangs (F) gemessen
      • I  ~ Von der Schulter bis zur unteren Kante der Tunika (z.B. bis zum Knie oder knöchellange Cotte)
      • J ~ Die Höhe der Geren, hier empfehle ich von der Unterkante bis zum Bauchumfang (F) zu messen
      • K ~ Die Schulterbreite, was sich auch gut an einem Hemd oder T-Shirt abmessen lässt

    Generell ist zu sagen, dass man immer noch ein paar Zentimeter hinzu geben sollte, da man ja kein hautenges Kleidungsstück haben möchte. Auch weil man (z.B. bei den Ärmeln) immer Kürzen kann, wenn es zu lang ist – umgekehrt ist das schwieriger. Ebenso nicht die Nahtzugabe vergessen, denn da gehe noch mal 1-2 cm verloren. Und man ist überrascht, wie viel ein paar Zentimeter mehr oder weniger ausmachen.

    Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dem empfehle ich billigen Stoff (es gibt sowas auch für 1€/m) zu kaufen und damit ein Probestück anzufertigen. Wenn das passt kann man die Stoffteile dann auch als Schnittmuster nutzen. Das erspart, besonders bei mehreren Tuniken, das ständig neue Anzeichnen (z.B. mit Schneiderkreide) auf dem Stoff und damit Zeit.

    Apropos Stoff: Ich empfehle für die untere Kleidungsschicht Leinen. Diese kann man auch bei heißem Wetter im Sommer alleine tragen. Sonst zieht man sie unter die eigentlichen, als Oberbekleidung getragenen Tunika an. Die obere Tunika würde ich aus robuster Wolle machen. Natürlich gibt es auch andere Stoffe, die gut aussehen, aber irgendwie komme ich doch immer wieder auf die Leinen-/Wolle-Kombination zurück.

    Dann werden, unter Beachtung der Maße und wie in der Zeichnung skizziert, die Einzelteile auf den Stoff gezeichnet. Um es einfacher zu machen nutze ich beim Tunikakorpus und bei den Ärmeln den Stoffbruch. Heißt: Da wo diese Teile gespiegelt sind wird der Stoff so umgeschlagen, dass man später weniger Nähte zum Nähen hat. Muss man nicht, vereinfacht es aber.

    Um Stoff zu sparen kann man die Geren (das sind die Dreiecke, die unten seitlich angesetzt werden, damit man mehr Beinfreiheit hat und das Kleidungsstück schöner fällt) auch aus zwei Dreiecken machen, die man zusammen näht. Dadurch komme ich für eine knielange Tunika mit ca. 2,5 m Stofflänge (bei 1,50 m Stoffbreite) hin.

    Vorsicht sollte man beim Halsausschnitt walten lassen. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass man sich da ganz schnell vertut und das Teil zu groß gemacht hat. Ich würde mir ein T-Shirt als Vorlage nehmen und den Halsausschnitt abpausen. Da der neumodische Stoff elastischer ist als unser Tunikastoff wird man dort nicht mit dem Kopf durchkommen, aber das ist auch nicht Sinn der Sache. Vorne wird nämlich ein Schlitz rein geschnitten, den man gerade so lang macht, dass man vernünftig mit dem Kopf durchkommt. Dann anziehen und die Teile, die vom Ausschnitt am Hals hochstehen, markieren und abschneiden. Fertig.

    2015-11-13_tunika_schnittmuster

    Das Nähen

    Wir müssten jetzt einen Tunikakorpus, zwei Ärmel und zwei Geren haben. Wer eine Overlockmaschine hat, kann jetzt gerne erst mal alle Ränder abketteln (was bei Leinen wichtiger ist, als bei Wollstoff). Man kann das aber auch mit einer entsprechenden Naht mit einer normalen Nähmaschine oder auch per Handnaht machen. Nähere Infos über Nähte finden sich im Netz.

    Wie man auch immer näht, schnappt man sich erstmal die Ärmel und näht sie an der Unterseite so zusammen, dass wir zwei Armröhren haben. Diese setzen wir an den Tunikakorpus an und nähen sie fest. Damit aber alle Nähte später auf der richtigen Seite (nämlich beim Tragen der Tunika auf der Innenseite) sind, muss man hier kurz inne halten. Beim Annähen der Ärmel an den Korpus ist der Korpus auf Links (spätere Innenseite schaut nach Außen) gedreht, während die Ärmelröhren auf Rechts gedreht im Korpus stecken. Erst nach dem Aneinandernähen werden sie heraus gezogen und kommen wie auf der rechten Zeichnung zum Liegen.

    Dann werden die Geren angesetzt und an den Korpus angenäht. Am Schluss wird noch das seitliche Stück zwischen Geren und Ärmel geschlossen. Dann wird die Tunika auf Rechts gedreht (ergo: Alle Nähte liegen dann Innen) und ist von der Form schon mal fertig.

    Anziehen! Denn sonst kann man schlecht die endgültige Länger der Ärmel und der Tunika selbst festlegen. Auch hier macht es eine helfende Hand einfacher. Umschlagen und feststecken oder mit Schneiderkreide anmalen, wie lang Ärmel und Tunika werden sollen, dann kann man sie wieder ausziehen. Die Ärmel kann man schon mal ablängen (auch hier wieder an die Nahtzugabe denken!) und umnähen.

    Zum Ablängen des unteren Saums empfiehlt es sich die mittigen vorderen und seitlichen Punkte zu markieren und an den Nähten eine leichte Rundung anzuzeichnen. Denn wenn man es ganz gerade abschneidet gibt das meiner Erfahrung nach eine seltsame Form im Fall der Kleidung. Daher runde ich die Übergänge von Korpus zu den Geren immer etwas ab, bevor ich den Saum umschlage und umnähe.

    Der Halsausschnitt ist etwas komplizierter (weshalb wir ihn uns auch bis zum Schluss aufgehoben haben). Natürlich kann man hingehen und auch hier einfach den Stoff umschlagen und festnähen, aber die schönere Alternative ist ein Beleg. Dafür wird ein Stück Stoff, der ein paar Zentimeter breiter ist als der Halsausschnitt, ausgeschnitten und dann von Rechts (Außen) am Rand angenäht, bevor er nach Innen umgeschlagen und dort fixiert wird.

    Fertig ist die Tunika bzw. Cotte! Und wenn ich die letzten Nähte an der Kleidung von Bernulf getätigt habe gibt es auch bald Fotos von meinen Tuniken nach dieser Anleitung.

    Wenn ich etwas vergessen habe oder Du andere Erfahrungen hast oder noch weitere Tipps und Ideen einbringen kannst, dann her damit! Ich freue mich über jeden Kommentar, der mich weiterbringt 😉

  • Schon bei den ersten Skizzen für Askirs Kleidungsupdate anno 2013 hier habe ich mir in den Kopf gesetzt habe, dass ein Schultermantel her muss. Ein Schultermantel wohlgemerkt, kein Cape – denn dafür gälte (wie wir ja Alle wissen): No capes! Auch wenn sich seit den 2013 die Farbgebung etwas geändert hat und der Charakter mehr zu Blau tendieren wird, ist der Umhang endlich fertig. Pünktlich zum Drachenfest, wo es ja heiß werden könnte und die Farbe auch gut in Hinsicht auf meine Lagerwahl passt.

    Da ich mich aber, als es zur Realisierung ging, etwas gewundert und geärgert habe, dass es dazu nicht eine kurze Erklärung mit Schnittmuster im Netz gibt, will ich dem hiermit Abhilfe schaffen. Auch wenn der Schultermantel grundsätzlich nicht sehr verschieden ist von dem eigentlichen Mittelaltermantel. Denn es handelt sich in der Grundform und um einen Dreiviertelkreismantel aus drei Viertelkreisen. Sicher kann man auch nur einen Halbkreis nehmen, doch dann fällt er nicht so schön in Falten, und man kann ihn (wie man auf vielen Vorlagen sieht) auch nur mit dem eigentlichen Mantel und ohne Kragen herstellen.

    Der Kragen ist ebenfalls ein Dreiviertelkreis aus drei Teilen – nur natürlich mit geringerem Radius. In der Zeichnung finden sich die Maße, die ich genommen habe. Dabei möchte ich anmerken, dass ich 168 cm groß (oder klein) bin. Wenn Du größer und nicht sicher bist einfach was länger lassen und dann mal abgesteckt anhalten, denn kürzen kann man – im Gegensatz zum Verlängern – ja immer.

    Auch wenn man ihn sicher auch einlagig machen kann, habe ich mich für eine gefütterte Variante entschieden. Für Außen habe ich einen schönen dunkelblauen Wollstoff genommen und für das Innenfutter weißes Leinen. Der Futterstoff des Kragen ist übrigens auch aus dem blauen Wollstoff. Ergo aufpassen beim Zuschneiden, denn für diese gefütterte Version braucht man sechs Viertelkreise des Kragens aus der Wolle, drei Viertelkreise des Mantels ebenfalls aus der Wolle und drei Viertelkreise des Mantels aus Leinen.

    Das wird einfach aneinander genäht (also Links herum). Erst den Mantel, dann den Kragen. Danach setzt man den Kragen (weiterhin auf Links gewendet) an den Mantel an und näht in fest. Nun wird außen herum genäht – bis auf ein etwa zwanzig Zentimeter breiter Streifen unten in der Mitte. Durch diese Öffnung zieht man den Umhang durch und dreht ihn damit auf Rechts. Danach nur noch die Öffnung zunähen, das Teil zurecht zubbeln und die Ränder durch Bügeln in Form bringen (damit nicht ständig das Futter nach außen tendiert).

    2015-07-13_cape_01

    Als Verschluss habe ich lange überlegt, bis meine Frau einen komischen Ethno-Gürtel bei Ebay gesehen hat, der passte. Hier kann man aber sicher auch Ledergürtel, Schnüre (nur besser nicht zu schmal, da sie sonst sicher einschneiden) oder Ähnliches nehmen. Das Teil wird einfach zwischen den Kragen und den Mantel gelegt und dort durch ein paar Stiche fixiert. Und schon ist der Schultermantel fertig. Natürlich kann man ihn noch etwas verzieren, wenn man möchte.


    2016 habe ich mir einen weitere Schultermantel genäht, der sowohl Innen als auch Außen aus Leinen besteht und damit natürlich für Sommer etwas besser geeignet ist. Dabei habe ich nur den Radius des Kragens verringert, wie man im Vergleich der Fotos sehen kann.

    Da ich auch bei dem Schultermantel keinen Verschluss aus einem Ledergürtel haben wollte und den Ethnogürtel nicht wiedergefunden habe, habe ich einen Hersteller von Seilen zum Verschnüren von Vorhängen bzw. Gardinen gefunden, der mir nach meinen Vorstellungen die dafür erforderliche Kordel gemacht hat. Also in Farbe und Länge.

    Dieser Hersteller war die Firma GF Posamenten, die sehr nett und flexibel auf meine Anfrage und Bestellung reagiert haben. Daher kann ich diese auch gerne weiterempfehlen.

    Hier ein paar Fotos vom Leinen-Schultermantel: